Gale wusste, sie hatten sich auf der
Dachterrasse von Lucas‘ Haus eine Höhle aus Pappe, Wellblech und Decken gebaut,
würden dort die Nacht verbringen und sich gegenseitig Gruselgeschichten
erzählen. Fast schon romantisch.
„Ich habe eine Überraschung für dich“, rief
er in Richtung Küche, als er nach Hause kam.
„Überraschung? Was für eine?“ Jesses Stimme
klang misstrauisch, was Gale grinsen ließ.
„Gib mir fünf Minuten und komm dann ins
Schlafzimmer.“
„Sex an einem kindfreien Abend ist keine
Überraschung“, gab Jesse zurück und warf einen Blick auf die marinierten Steaks
und das Gemüse, das er gerade auf den Grill hatte legen wollen. Na gut, dann
eben Vorspeise statt Nachtisch.
Er stopfte alles zurück in den Kühlschrank,
denn es war verdammt teures Zeug. Vor allem die Steaks. Dann machte er sich auf
den Weg nach oben. Auf der Schwelle zum Schlafzimmer blieb er stehen und war in
der Tat überrascht. Nicht, dass Gale sich nackt auf dem Bett drapiert hatte,
sondern weil er um sich herum Rosen ausgebreitet hatte.
„Du hast gesagt, sollte ich mal was
angestellt haben, soll ich dir Blumen schenken“, erklärte Gale mit
Unschuldsmiene.
„So habe ich das nie gesagt“, korrigierte
Jesse ihn mit erhobenem Zeigefinger und sah ihn streng an. „Was hast du
angestellt?“
„Marisol hat mich angebaggert.“
„Das ist kein Vergehen.“ Jesse zog sich das
T-Shirt über den Kopf und nestelte dann an seiner Jeans herum. Er brauchte
nicht viel, um in Stimmung zu kommen. Ein Blick auf Gales Körper reichte
meistens aus. Wie hingegossen lag er auf dem dunkelblauen, seidenen Laken –
lecker! „Es ist höchstens eins, dass du so lange gebraucht hast, um das zu
merken. Ich habe sie bloß einmal während der Befragungsaktion getroffen und
gleich gesehen, dass sie dich anschmachtet.“
„Echt?“ Für Frauen hatte Gale einfach keinen
Blick. Oder er war nicht empathisch genug. „Bestrafst du mich jetzt nicht?“
Gespielt schmollend schob er die Unterlippe vor.
„Das kommt darauf an.“ Jesse befreite sich
von seiner Hose und trat ans Fußende des Bettes, den Blick auf Gales Erektion
gerichtet. Da hatte jemand eine bestimmte Fantasie im Kopf, und Jesse wusste
auch, welche es war. Manche Leute mochten es langweilig finden, ihren Partner
in- und auswendig zu kennen, Jesse fand, dass es nur darauf ankam, was man
daraus machte.
„Worauf?“ Aufreizend räkelte Gale sich. Es törnte
ihn an, dass sein Mann einen auf coolen Macker machte und sich nicht von der
Stelle rührte.
„Wo hast du die Rosen her? Die sehen nicht
nach Blumenladen aus.“ Es waren nur sechs, alle in verschiedenen Farben und
Größen, unsachgemäß abgeschnitten.
„Wir haben hier draußen keinen, also habe ich
einen Umweg durch die Gärten genommen und sie geklaut.“ Herausfordernd sah Gale
Jesse in die Augen.
„Du hast Blumen für mich geklaut, um dich
dafür zu entschuldigen, dass Marisol dich angebaggert hat?“ Jesse kniete sich
aufs Bett, näherte sich Gale langsam.
„Ja, das ist doch schlimm, oder?“
„Na, ich weiß nicht so recht.“ Jesse nahm
eine dunkelrote, voll erblühte Rose und strich mit ihrem Kopf über Gales Haut,
von der Schulter bis hinunter zum Hintern, ließ sie durch die Spalte gleiten
und dann über die Hüfte zu dem erregten Schwanz. „So ein bisschen mehr Bad Boy
könntest du schon sein.“
„Blumen aus Gärten klauen ist nicht Bad Boy
genug?“ Gale schloss die Augen und ergab sich dem, was Jesse mit ihm anstellte.
Der Duft der Rosen lag über ihnen, vermischte sich mit der Brise, die durch die
offenen Terrassentür hereinwehte.
„Ehrlich gesagt – nein.“ Jesse setzte den
Rosenkopf auf die Eichel und federte darüber. Ob sie den Geruch der Rose wohl
annahm? Er beugte sich vor und leckte über die Spitze. Ein klein wenig. „Und
Frauen zählen nicht. Das weißt du. Es sei denn, du wirst plötzlich hetero –
oder wenigstens bi – und schläfst mit einer. Das wäre echt Bad Boy.“
(Sturm über Barcelona)
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