Leah: „Verdammt Tyrell, wir sollten unsere Autorin doch ein bisschen unter die Arme greifen. Nimm dir gefälligst die nötige Zeit und schicke meinetwegen Akim auf die Wache. Das wird er ja wohl hinbekommen.
Tyrell: „Selbstredend könnte er das, aber es ist nunmal mein Job…“
Leah (winkt ab): „Ach hör schon auf. Eine kurze Vorstellung wirst du doch wohl noch hinbekommen.“
Tyrell (zieht grimmig die Augenbrauen hoch): „Was wollt ihr denn von mir wissen?“
Nina: „Na so etwas wie: Wo kommst du her, was machst du beruflich?“
Tyrell: „Na gut. Also ich bin der Assardor.“
Kyron: „Super Antwort, du Genie. Damit erklärt sich natürlich alles von selbst.“
Tyrell (ziemlich ungeduldig): „Du hältst dich da jetzt aber gefälligst raus. Nur weil du einen Prof.Dr. vor deinem Namen hast, musst du uns nicht so von oben herab behandeln. Also gut, für alle, die nicht einmal die kleinste Information über mich haben: Der Assardor ist der Wächter von Theia. Damit sind eure Fragen wohl schon beantwortet.“
Leah (seufzt): „Dir muss man aber auch alles aus der Nase ziehen. Geht das nicht etwas ausführlicher?“
Tyrell: „Wenn ich ausführlicher werde, wirst du nur wieder rummaulen, dass ich zuviel verrate.“
Nina „Du könntest mir aber doch wenigstens verraten, was es mit deinem Tattoo auf sich hat.“
Tyrell: „Es ist keine Tätowierung, wie du annimmst. Eine solche könnte tatsächlich nicht reagieren und sich bewegen. Sie ist angeboren. Es ist das Zeichen des Assardors. In jeder Generation wird lediglich ein Kind mit diesem Signum geboren. Somit ist es meine Bestimmung.“
Nina: „Und warum wirkt dieses Zeichen so lebendig?“
Tyrell lächelt (tatsächlich): „Du musst nicht alles wissen. Das, meine Liebe, geht dich nichts an.“
Leah(wirkt inzwischen leicht angestrengt): „Man sagt dir nach, du wärst ein wenig jähzornig. Was sagst du dazu?“
Tyrell (schlägt unbeherrscht auf den Tisch): „Wer sagt so etwas? Der soll mir einmal vor die Augen treten.“
Leah (verdreht die Augen): „Nun, du reagierst manchmal etwas, sagen wir mal übertrieben. So wie hier in dieser Szene: »Seine Hand schnellte vor und packte meine Kehle. Langsam zog er mich auf die Zehenspitzen empor, bis sich unsere Augen auf einer Höhe befanden.« - So etwas nenne ich schon jähzornig.“
Tyrell (beugt sich provokativ vor. Seine Augen blitzen.)
Leah: „Ich glaube, das ist erstmal genug. Ähm, das reicht ja schon. Die anderen sollen sich ja auch noch vorstellen. Du kannst jetzt gern zu deinem Tor…“
Tyrell (flegelt sich auf dem Sofa, verschränkt die Arme untereinander und legt die Beine auf den Tisch) „Ach weißt du, Akim kann den Job ruhig noch ein bisschen übernehmen – jetzt bin ich aber doch neugierig geworden. Legt man los.“
Leah: „Hallo Nina, können wir mit dir weitermachen? Magst du einmal etwas von dir erzählen?“
Nina: „Mhm…, also dass du meine allerbeste Freundin bist, brauche ich dir ja eigentlich nicht zu erzählen – wir sind schon seit den Kindergartentagen miteinander befreundet.“
Leah: „Ja klar und das ist wirklich wunderschön. So etwas gibt es heute ja nicht mehr so oft. Was arbeitest du, wo wohnst du?“
Nina (lacht): „Ach so etwas willst du wissen. Okay, ich bin Krankenschwester und arbeite hier in Hannover in der Medizinischen Hochschule in der Notaufnahme. Ich teile mir mit Carl eine Wohnung in Hannover – da hab ich es nicht so weit zur Arbeit. Seine Eltern stammen aus Nigeria, aber er ist hier in Deutschland geboren. Er sieht ja verdammt gut aus, aber wir sind lediglich Freunde – nun schau nicht so ungläubig – das ist wirklich so. Alles andere würde es nur kompliziert machen.“
Leah (grollt): „Du ergreifst ja manchmal ganz schön drastische Maßnahmen, um deine Freundin auf den rechten Weg zu bringen. Das war echt nicht nett von dir.“
Nina: „Du meinst die Sache mit Milan? Dieser Mistkerl hat dich schon viel zu lange betrogen und du warst durch nichts davon zu überzeugen, dass er fremdgeht. Also hab ich diese Begegnung im El Sol inszeniert.“ Sie seufzt. „Dass die Geschichte so aus dem Ruder gelaufen ist, konnte ich ja nicht ahnen. Aber ich finde schlussendlich ist es doch gut für dich gelaufen. Man kann wieder mit dir shoppen gehen und du sieht mit deinem neuen Outfit und modischen Klamotten megaheiß aus. Aber jetzt muss ich mal Schluss machen. Mein Kerl erwartet mich. Du weißt schon, der Oberarzt aus dem Frederikenstift, der mich so nett umsorgt hat.“
Tyrell (setzt sich auf): „Vergiss es Mädchen. Jeder muss hier Opfer bringen. Wenn ich gezwungen werde hierzubleiben, kann dein Typ gefälligst auch noch auf dich warten. Du bleibst hier.“
Nina (faucht Tyrell an): „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen, kommandier meinetwegen Leah herum, wie es dir gefällt, aber mich lässt du da raus.“
Leah: „Bitte Nina, tu es für unsere Autorin. Schließlich möchte sie, dass wir ihren Lesern von uns erzählen.“
Nina verdreht die Augen und setzt sich wieder.
Alhan: „Da mich ja keiner gefragt hat, übernehme ich doch einfach. Mein Name ist Alhan, Sohn des Kazân aus dem Volk der Lysaner. Mein Lyanar hat mich auserwählt, die Terranerin Leah zu beschützen und durch die unwirtlichen Gebiete Theias…“
Leah (inzwischen ein wenig verzweifelt): „Stop, Alhan. Du verrätst hier schon fast zuviel. Das soll der Leser doch erst noch selbst erlesen…“
Alhan (verschränkt beleidigt die Arme untereinander): „Ja, aber das ist doch nun mal meine Aufgabe.“
Nina: „Ach komm schon Alhan. Ich weiß doch auch so gut wie gar nichts über dich. Leah hüllt sich da total in Schweigen. Beschreib dich doch mal ein bisschen für unsere Leser, die können dich schließlich nicht sehen.“
Alhan: „Wenn du darauf bestehst. Also, die Lysaner sind ein Volk der Nebelwesen. Unsere Körper bestehen aus mehreren pulsierenden Hüllen, die je nach Befindlichkeit verschiedene Zustände aufweisen.“
Nina: „Häh? Wie meinst du das?“
Leah übernimmt. „Also ich beschreibe jetzt mal meinen ersten Eindruck von den Lysanern: Sie schienen aus purem Licht zu bestehen, konturlos und trotzdem anders, als ich mir einen Geist vorgestellt hätte. Ihre Hüllen leuchteten wie der Sand, mal blendend weiß, dann wieder in allen Farben einer Seifenblase. Die Wesen waren relativ klein, gingen mir schätzungsweise bis knapp unter die Brust. Diese Gestalten waren nicht durchsichtig, wie ich zuerst geglaubt hatte. Es kristallisierte sich allmählich eine gewisse Körperlichkeit heraus, die jedoch bei der leisesten Bewegung nebelhaft verschwamm. Die Umrisse der Lichtgestalten glichen entfernt einem humanoiden Körper. Lysaner drücken ihre Empfindungen im Normalfall durch die Beschaffenheit ihrer inneren Hüllen aus. Sämtliche Finessen ihrer Ausdrucksweise würden mir vermutlich niemals vollständig zuteilwerden, aber bestimmte, deutliche Merkmale konnte ich inzwischen halbwegs deuten. Sanftes Auf- und Abwogen zeugte von Zufriedenheit und Glück. Ein Tosen wie jetzt jedoch bedeutete je nach Heftigkeit, Unwillen, Wut oder Panik. Deine besonderen Fähigkeiten darf ich hier leider noch nicht verraten, ist das okay für dich, Alhan?
Alhan (nickt) „Ja, so kann man das vermutlich beschreiben. Aber das mit der kleinen Körpergröße, da müssen wir uns noch drüber unterhalten.“
Kyron: „Ich bin Kyron Delmaris.“
Tyrell : „Warum so schüchtern?“ Mit einer angedeuteten Verbeugung wendet sich Tyrell an die Leser. „Nein, nicht einfach nur Kyron Delmaris. Der Typ hat sogar noch promoviert und trägt einen Doktortitel in seinem Namen. Also bitte: Herr Prof. Dr. Kyron Delmaris.“
Kyron (knurrt ungehalten): „Warum klingt eigentlich alles, was aus deinem Mund kommt wie ein großer Haufen Dreck, Assardor?“ Leah will intervenieren, wird aber mit einer müden Handbewegung abgehalte. „Lass nur, Leah. Also, was soll ich schon noch von mir erzählen?“, schielt dabei auf den Ausgang.
Nina: „Wir könnten ja mal damit anfangen, wo du herkommst.“
Kyron: „Ich stamme aus Jordanien.“
Nina: „Sag einmal, wie kommst du eigentlich zu deinem Namen? Der klingt nicht jordanisch.“
Kyron: „Mein Vater war Amerikaner und hat meine Mutter an der Uni in Princeton kennengelernt. Sie hatten den selben Studiengang.“
Nina: „Aha, deine Mutter ist also Jordanierin?“
Kyron: „Du sagst es. Sie ist eine sehr intelligente Frau und kam mit einem Stipendium in die USA, aber meine Großmutter war die treibende Kraft dabei. Sie hat dafür gesorgt, dass ihre Tochter studieren gehen konnte. Das war damals noch sehr unüblich. Leider sind meine Eltern viel unterwegs gewesen. Deshalb hat mich meine Großmutter quasi großgezogen.“
Nina: „ Und jetzt arbeitest du bei der NovaBiChem in Hohenwehr.“
Kyron: „Genau, ich bin da Chefprogrammierer, obwohl ich auch Biologie und Chemie studiert habe.“
Nina: „Und wie hast du Leah kennengelernt?“
Kyron: „Sie ist mir in eurem Stammlokal regelrecht vor die Füße gefallen.“
Nina: „ Leah ist ja hingerissen von dir gewesen. Sie beschreibt dich wie folgt: »Recht vorzeigbar ist er ja. Um die dreißig Jahre alt, ein leicht gebräuntes Gesicht mit einem Paar unglaublich silbergrauen Augen, ebenholzfarbene, kinnlange Haare, hohe Wangenknochen. Er ist an die 1,90m groß, durchtrainiert wie ein Sportler, schmal Hüften und athletisch anmutende Oberschenkel…«
Kyron (wird tatsächlich rot): „Nun hör aber mal auf. Das ist peinlich. Ich mag so gar nicht auf meine Äußerlichkeiten reduziert werden.“
Leah (fährt auf): „Das habe ich nie getan...“
Kyron: „Nein, eigentlich hatte ich eher nicht das Gefühl, dass du mich so wahrgenommen hast. Es war schon nicht so einfach für mich als…“
Leah (fällt schnell ein): „Das verrätst du jetzt aber nicht, Kyron. Was ist denn nur mit euch allen los? Ihr verratet viel zu viel. Masha, könntest du jetzt vielleicht weitermachen?“
Masha(wendet sich etwas abwesend Leah zu) „Wie meinst du, Leah? Ach so, die Vorstellung. Also. Ich heiße Masha, bin eine Azzizam und lebe auf Theia.“
Kyron: „Hör mal, geht das auch ausführlicher?“
Masha: „Ihr habt schon so lange gequatscht – in der Zeit hätte meine Urgroßmutter, selig sei ihr Andenken, bereits drei Gelege ausgebrütet. Wie ihr vielleicht sehen könnt, sind wir geflügelte Wesen, die in einer extrem trockenen und staubigen Welt auf Theia zu Hause sind.“
Kyron: „Du vergisst da einiges. Wir können dich durchaus sehen, aber die Leser brauchen eine Beschreibung. Ich mach das mal. Du bist nicht nur einfach eine Azzizam, sondern auch noch die Tochter eurer Anführerin. Die Azzizam haben ein matriarchates Gefüge. Die Azzizam erreichen locker eine Körpergröße von etwas über zwei Meter. Ein dunkler Brustpanzer bedeckt den vorderen Teil ihrer Körper und die Köpfe haben etwas Raubvogelähnliches an sich. Scharf geschnittene Gesichter, in denen bernsteinfarbene Augen blitzen. Eure Schwingen gleichen Drachenflügeln aus den Märchen, sind schwarz wie die Nacht, haben gezackte Enden und besitzen gut und gern eine Spannweite von vier Metern. Außerdem sind die Azzizam gute Kriegerinnen und neugierig jeder technischen Neuerung.,,
Alhan (prustete los): „Klar, so neugierig, dass ein einfacher Whirlpool im Zusammenspiel mit Badezusätzen beinahe zu einer Katastrophe …“
Masha (fährt herum): „Woher weißt du das? Hat Leah etwa gepetzt?“
Als alle anderen lauthals anfingen zu prusten, stampft Masha beleidigt mit dem Fuß auf. „Ihr seid gemein. Wie sollte ich das denn auch wissen? Ihr müsstet mich und mein Volk eigentlich mit bedeutend mehr Wohlwollen betrachten – immerhin…“
„Alles gut“, unterbricht Leah. „Wir machen uns nicht über dich lustig, aber wenn ich an den panischen Gesichtsausdruck des Hotelmanagers denke…“
Da grinst auch Masha über beide Ohren. „Okay, das war schon komisch. Aber deine Vorstellung fehlt noch, Leah.“
Leah (windet sich ein bisschen):„Nun, wenn es unbedingt sein muss. Also, mein Name ist Leah Falkenstein und ich bin Grundschullehrerin in einem Stadtteil von Hannover. Ich bin Mitte dreißig, habe braunes Haar, bernsteinfarbene Augen, wie man mir gesagt hat, und kleide mich eher klassisch.“
„Himmel, Leah. Das ist nicht klassisch – das ist gruselig bieder… und außerdem…“, wirft Nina ein.
Leah wirft Nina einen vorwurfsvollen Blick zu und fährt dann unbeeindruckt fort: „Wenn ich meine Locken nicht zu einem strengen Knoten im Nacken zusammengesteckt hätte, würden meine Haare ziemlich schnell wie ein Gestrüpp aussehen. Außerdem, was hast du gegen meine schneeweiße Bluse, dem wadenlangen marineblauen Faltenrock einzuwenden? Die Schnürschuhe passen doch einwandfrei. Die stammen von einer Markenfirma und waren ganz schön teuer. Und meine Hornbrille macht mich seriös – das wissen die Kids aus der dritten Klasse, dass es besser ist, sich nicht mit mir anzulegen.“
„Oh man, Leah. Dass du dich aber auch immer noch in deinem alten Blaustrumpfoutfit präsentieren musstest. Diese uralte Geschichte müsste doch nun wirklich langsam vergessen sein“, schimpft Nina.
„Du wurdest ja auch nicht gemoppt und beschuldigt, du würdest die Anmache deines Profs durch deine Aufmachung provozieren. Du musstest ja auch nicht die Uni verlassen und was ganz anderes studieren, etwas, das dich nicht ausfüllt…“
„Nun red dich nicht gleich wieder in Rage, Leah. Ich wollte eigentlich auch nur andeuten, dass ich froh bin, dass diese Sache im El Sol passiert ist und du endlich zu Vernunft gekommen bist. Ganz echt. So wie jetzt mit deinem offenen schokofarbenen Haar, den engen Jeans und T-Shirt siehst du richtig toll aus. Auch wenn wir diese Veränderung diesem Wahnsinnigen zu …“
„Psst…, bist du verrückt? Das dürfen wir doch hier nicht verraten. Unsere Autorin reißt uns den Kopf ab“, unterbricht Leah sie.
„Puh, ja aber das ist echt schade. Seit dieser Begegnung mit diesem Typen im El Sol hast du dich unglaublich verändert. Verändert, mhm ja, aber eher großartig. Wo ist eigentlich deine Brille?“ fragt Nina.
„Wenn du jetzt nicht endlich dein Plappermaul hältst, ist hier Schluß“, grollt Leah.
„Man wird doch wohl nochmal fragen dürfen“, mault Nina.
„Ist das jetzt genug? Seelenstriptease war noch nie meine Sache“, knurrt Tyrell und seine moosgrünen Augen blitzen.
Alle wenden sich dem Ausgang zu. „Hey – das war doch erst die Autorenvorstellung, Claudia hat da noch ein paar andere Fragen.“
„Na gut – aber nur, weil du es bist“, erwidert Alhan und lässt sein durchscheinendes Hinterteil auf das Sofa sinken. Freundlicherweise tun ihm das alle nach.