Sonntag, 1. November 2020

[Buchvorstellung einmal anders] Post Mortem - ein viktorianischer Krimi mit Mrs. und Mr. Fox von Amalia Zeichnerin


Buchvorstellung einmal anders 

Heute treffe ich mich mit den Protagonisten Mrs. und Mr. Fox aus „Post Mortem“, um mit ihnen über das Buch und ihre Autorin zu sprechen.

Danke, dass ihr heute Zeit gefunden habt, um für das Buch zu antworten.
Clarence: „Vielen Dank, dass wir hier sein dürfen. Ich bin noch nie interviewt worden.” 
Mabel lächelt. „Schön, dass wir etwas über unsere Geschichte erzählen dürfen.”
Könntet ihr euch meinen Lesern vorstellen, damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben?
Clarence: „Ich bin Fotograf und betreibe im Londoner Stadtteil Pimlico ein Foto-Atelier. Als junger Mann habe ich im Krim-Krieg gekämpft, wurde dort verwundet – deshalb hinke ich bis heute – und dann habe ich Mabel kennengelernt...” 
Mabel: „Ja, ich war als Krankenschwester in dem Lazarett tätig, in das Clarence gebracht wurde. Ich danke Gott bis heute, dass er damals überlebt hat. Denn nach dem Krieg haben wir geheiratet und eine Familie gegründet.” 
Clarence: „Das ist alles schon über zwanzig Jahre her. Mittlerweile sind unsere beiden Kinder schon erwachsen und wir sind Großeltern.”
Beschreibt uns bitte das Buch in eigene Worten.
Clarence: „In meinem Fotoatelier kam es kürzlich zu einem tragischen Unglück – eine Kundin, Pauline Westray kam zu mir, sie wollte gern eine Abbildung von sich haben, denn sie wollte sich als Chorsängerin an der Königlichen Oper bewerben. Bevor ich die Aufnahme machte, aß sie eine Praline aus einer Schachtel in ihrer Handtasche. Plötzlich lief sie krebsrot an und bekam keine Luft mehr. Ich habe versucht ihr zu helfen, habe auch nach Mabel gerufen, wir wohnen über dem Atelier – aber wir beide konnten ihr nicht mehr helfen!” 
Mabel: „Ja, das war furchtbar. Wissen Sie, ich kannte die Arme persönlich, über gemeinsame Bekannte. Sie war leider schon tot, als ich ins Atelier kam. Natürlich haben wir sofort den Coroner verständigt, der auch als Gerichtsmediziner tätig ist, Dr. Tyner. Wir kennen ihn schon seit vielen Jahren, auch aus dem Krimkrieg. Und seitdem rätseln wir, ob die Praline, die Miss Westray gegessen hat, wohl vergiftet war und wer es auf sie abgesehen haben könnte.”
Glaubt ihr, macht es der Autorin Spaß euch in so manche schwierige Situation zu stoßen?
Mabel: „Nun, ich bin keine Schriftstellerin, aber nach allem, was ich so bisher gelesen habe, leben Geschichten ja von Konflikten und dramatischen Ereignissen. Also gehört es mit zum Schriftstellerhandwerk, seinen Figuren so einiges zuzumuten, schätze ich.”
Habt ihr eine Lieblingsstelle im Buch?
Clarence: „Im Verlauf der Ereignisse habe ich das South Kensington Museum besucht – im Jahr 2020 ist es bekannt als Victoria & Albert Museum – um dort mit einem jungen angehenden Künstler zu sprechen. Das Museum ist eine Augenweide und auch das Gespräch mit dem Künstler fand ich sehr interessant.” 
Mabel: „Wir hatten auch ein längeres Gespräch mit einem Bekannten der Verstorbenen, das ich sehr aufschlussreich fand. Aber mehr kann ich darüber hier nicht verraten.”
Was glaubt ihr, wie viel von eurer Autorin steckt in dem Buch oder in dem ein oder anderen Charakter?
Clarence: „Amalia hat wie ich eine Gehbehinderung. Und wir haben noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie hat ein absolutes Gesichtergedächtnis, kann sich aber, wie ich auch, nicht immer daran erinnern, wo und wann sie ein bestimmtes Gesicht schon einmal gesehen hat. Diese Gabe kann gelegentlich ein kleiner Fluch sein...” 
Mabel: „Amalia und ich haben gemeinsam, dass wir beide sehr neugierig und gewissbegierig sein können. Wenn wir es uns in den Kopf gesetzt haben, etwas in Erfahrung zu bringen, dann ‚graben‘ wir beide so lange, bis wir darüber Informationen gefunden haben.”
Wisst ihr wie es zum Titel kam? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Oder hattet ihr sogar Mitspracherecht?
Clarence: „Der Titel basiert auf der sogenannten ‚Post-Mortem-Fotografie‘, die Abbildung von Toten. In unserer Zeit ist das eine weit verbreitete Sitte, um ein Erinnerungsstück an verstorbene Angehörige zu haben. Durch meine Erfahrungen im Krieg, als ich sehr viele Tote gesehen habe, finde ich persönlich diese Sitte ein bisschen morbide und ich selbst fotografiere keine Verstorbenen. Ich lichte lieber die Lebenden ab. Der Titel zum Buch stand jedenfalls schon früh fest und wurde auch vom Verlag angenommen.”
Gefällt euch das Cover zu 100% oder hättet ihr noch einen anderen Wunsch oder Vorstellungen gehabt?
Mabel: „Amalia hat Vorschläge zum Cover machen dürfen, die wurden umgesetzt von der Münchner Design Agentur ‚Guter Punkt‘, mit der der Dryas Verlag zusammenarbeitet. Die Farbgebung erinnert an die sepiafarbenen Fotografien unserer Tage, das finde ich sehr gelungen.”
Clarence: „Ich freue mich über die Abbildung der Kamera, das erinnert mich natürlich an meine Arbeit, die ich sehr liebe. Und da wir in London leben, ist auch die städtische Abbildung im unteren Teil aus meiner Sicht sehr passend. Ich würde soweit gehen zu sagen, dass London ein weiterer Protagonist in diesem Buch ist, denn es gibt viele Beschreibungen der Stadt, z.B. von bestimmten Gebäuden oder Straßen.”
Was ist euer jeweiliges Lieblingszitat aus dem Buch?
Clarence: „Ich hatte ein Gespräch mit einem angehenden Künstler. Er hat mir folgendes erzählt...
‚Vielleicht kann man es so formulieren: Es ist ein sehr intimer Akt, das Porträt seines Gegenübers auf Papier zu bannen. Und es setzt immer ein gewisses Vertrauen desjenigen voraus, dass der Künstler ihn nach Möglichkeit naturgetreu abbildet. Was ich damit sagen möchte, ist Folgendes: Durch den Akt des Zeichnens wäre mir in meinem Inneren klarer geworden, warum Pauline ein solches Charisma besaß und worin diesbezüglich ihr Geheimnis bestand. Vermutlich ohne dass ich dafür jemals Worte gefunden hätte, denn ich bin Kunstmaler und kein Dichter. Als Künstler kann ich nur das zeichnen oder malen, was ich sehe, deshalb ist ein Porträt immer auch ein Zeugnis meiner selbst. Ein Stück meiner Seele liegt in meinen Bildern. Und meine Bilder sind mir alles. Ich lebe für die Kunst!‘ 
Mabel: „Clarence hat mir mehr als einmal gesagt, man solle die Toten ruhen lassen. Einerseits hat er ja recht. Andererseits, wenn die Todesumstände ungeklärt sind, ist meine Seelenruhe dahin. Wir sind darüber einmal in Streit geraten, aber was danach passiert ist, das verrate ich nun nicht.”
Danke für das Gespräch
Clarence: „Vielen Dank für das Interview!” 
Mabel: „Ich bedanke mich ebenfalls und wünsche einen schönen Tag.”

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