Samstag, 7. November 2020

[Autoreninterview] Monika Loerchner

Autoreninterview
Monika Loerchner

Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?
Diese Frage enthält so viele Oxymora, dass ich sie wohl nur mit einem Wort beantworten kann: Nö! 
Dieses „in eigenen Worten“ und „kurz“ ist schon eine rein faktische Unmöglichkeit. Lass mich dazu eine kleine Anekdote erzählen (wobei „kleine Anekdote“ schon wieder eine Tautologie ist; in feinen Kreisen führt man dazu das Beispiel „weißer Schimmel“ an – in meinen „tote Leiche“): 
Ich war einst zu Gast bei einer Autorenrunde; mit mir ein ebenfalls potenzieller Neuankömmling. Das regelmäßige Treffen sollte dem Zwecke dienen, sich über einen Zweitraum von etwa 1,5-2 Stunden hinweg über Literarisches und das Schriftstellertum auszutauschen. Der Gastgeber bat zu diesem Anlass alle Anwesenden, angefangen mit mir, sich kurz vorzustellen. 
Ich sagte meinen Spruch auf: Ich heiße, ich habe gerade veröffentlicht, ich interessiere mich für. 
Anschließend stellte sich jeder der 10 Anwesenden vor. Danach bat der Gastgeber darum, die Runde nun endlich aufzulösen, er sei nun recht müde geworden und wolle ins Bett.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Der pure Zwang! „Ich schreibe jetzt 5 Wörter an die Tafel! Die schreibt ihr ab“, befahl meine Grundschullehrerin. „Als Hausaufgabe schreibt ihr dann eine Geschichte, in der diese 5 Wörter vorkommen!“ 
Ist das zu fassen?
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns in max. 5 Sätzen beschreiben?
Ich versuche es mal. 
„Hexenherz – Eisiger Zorn“: Der Sturkopf unter meinen Büchern. Will unbedingt auffallen – was auch klappt, da das Setting sehr ungewöhnlich ist. Etwas unbeherrscht, aber mit dem Herz am rechten Fleck. Weiß, was es kann, ohne arrogant zu sein. Ist ehrlich und direkt. Setzt fast schon kompromisslos Prioritäten – und zieht es dann durch. 
Hexenherz – Glühender Hass“: ist feinsinniger, emotionaler. Wäre dieses Buch ein Mensch, dann wäre es der Freund oder die Freundin, zu dem/der man geht, wenn man Liebeskummer hat oder auf der Arbeit gerade alles Mist ist. Weil es einem zuhört und einen versteht. Das die kleinen Dinge zu schätzen weiß, weil es weiß, dass darin die wirklich großen Dinge verborgen liegen. 
„Die Tote in der Tränenburg“: realistisch, bodenständig, pragmatisch. Vereint in sich Kopf und Bauch, um es mal so auszudrücken. Es handelt sich um einen waschechten Krimi in ungewöhnlichem Setting. Wer mir bis Seite 100 Täter/in und das Wie nennen kann, bekommt eine Packung Knoppers. 
„Hexenherz - Goldener Tod“: tiefsinniger Freigeist, der ganz allein die Welt retten will. Wäre dieses Buch ein Kind, wäre es das mit dem – nach „Die Tote in der Tränenburg“ – zweitordentlichsten Zimmer. Es würde ständig auf irgendwelche Bäume klettern und abends hungrig, zerschrammt, schmutzig und zufrieden nach Hause kommen. Und dann im Bett noch wach liegen und neue Pläne schmieden.
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
Immer. Sogar an mehreren gleichzeitig. Ich warte derzeit auf ein paar Rückmeldungen und entscheide dann, woran ich mich als nächstes begebe. Dummerweise habe ich nämlich immer viel zu wenig Zeit, um alle Ideen umzusetzen.
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
„Freizeit“ ist die Zeit, in der ich nicht arbeite und trotzdem nicht schlafe, oder? Nichts Besonderes, fürchte ich. Ich liebe meine Familie und Freunde, Essen gehen, Schwimmen und Fitness Studio, Kino, mich sonnen, Musik hören, Filme schauen und Serien suchten, lesen natürlich, und ab und zu lackiere ich mir die Fußnägel. 
Ist nur immer schwierig, das in dieses schmale Zeitfenster reinzupacken. Aber ich bin selbst schuld: ich arbeite einfach viel zu viel. Das sollte ich mal ändern…
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Ja klar! Da fallen mir zig ein! Letztes Jahr hatte ich das große Glück und war mit meiner lieben Schriftstellerkollegin Gabi Albers bei einer Lesung der großartigen Val McDermid. Diese Dame hat mich mit ihrer gelassenen und souveränen Art extrem beeindruckt. Ich könnte mir gut vorstellen, mich einmal mit Frau McDermid so auf einen Tee oder Kaffee zu treffen… und sie anzuschweigen, weil mir mein gruseliges Englisch peinlich ist, :D 
Meine derzeitigen Lieblingsautoren sind Marion Zimmer Bradley, Terry Pratchett, Tamora Pierce, Alexander McCall Smith, Tess Gerritsen, Val McDermid, Robin Hobb, Ken Follett, J. K. Rowling, Martha Grimes, Tana French, Eoin Colfer, Carl Wilckens, Marian Keyes, Anonymus, Ariana Franklin, Jonathan Stroud, Thomas Raab, Jörg Maurer, E. W. Heine, Markus Heitz, Kai Meyer, Jean M. Auel, Andreas Eschbach, Mary Higgins Clark, Joy Fielding, Alexander McCall Smith… und so weiter. 😊
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Aber sicher doch. Ich hänge dir mal ein Foto an. Ansonsten schreibe ich auch gerne mal via Surfbook vom Sofa aus. Oder draußen auf der Terrasse, wenn schönes Wetter ist. Das dann allerdings ganz klassisch mit Zettel und Stift. Muss ich irgendwohin, wo mit längeren Wartezeiten zu rechnen ist, habe ich auch immer Schreibzeug dabei. Da ist schon viel Gutes bei rausgekommen. 
Auf dem Bild siehst du meinen Schreibtisch, wie er neulich war. Nicht wundern, die doofe (neun, sie ist in Wahrheit wunderschön!) Gardine fällt immer ab. Trotz neuer Haken, neuem Kleber etc. Extrem spooky, passiert alle paar Tage, :D
Der Drucker rechts ist jetzt nicht mehr da, dafür steht jetzt ein Laserdrucker etwas eingefügter da rum. Doch aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund sammelt sich ständig so Zeugs auf meinem Schreibtisch. Hat sicher was mit einem allgemeinen Materienmagnetismus zu tun.
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Oh Gott. OK, ich versuche es mal. 
Der Wecker klingelt um 5:45 Uhr. Ich mache Kaffee für mich und Tee für die Kinder (das klingt jetzt etwas unhöflich, aber sorry fot that: der Kaffee hat tatsächlich Vorrang, denn sonst funktioniert Mami nicht!). Dann wecke ich die Kinder nacheinander, mache ihnen Frühstück, Schulbrote und Obst oder Gemüse zurecht. Nachdem Kind 1 aus dem Haus ist, bringe ich Kind 2 mit dem Hund zum Schulbus. 
Wieder daheim startet mein erster Arbeitsblock. In dem schreibe ich, plotte, schreibe Mails, beantworte Mails, führe nötige Telefonate, vereinbare private und (brot-)berufliche Termine, schreibe mir mit Verlagen und Buchbloggern, pflege berufliche Kontakte und so weiter. 
Um 9:30 Uhr mache ich in der Küche und im Esszimmer klar Schiff und plane das Mittagessen. Außerdem mache ich eine Kaffeepause. 
Danach geht es mit Obigem weiter: schreiben, mit Verlagen und netten Buchbloggern korrespondieren, planen, organisieren usw. Zwischendurch wasche und verhänge ich meist ein bis zwei Ladungen Wäsche, sauge, putze, bringe Müll raus etc. und quetsche auch noch irgendwie meine tägliche halbe Stunde Sport mit anschließendem duschen dazwischen. 
Irgendwann zwischen 11 und 11:30 Uhr koche ich dann, esse und lege mich dann eine Stunde lang aufs Sofa, Schönheitsschlaf. 
Dann kommt auch schon Kind 1, dicht gefolgt von Kind 2 und – sofern an dem Tag Frühschicht – Ehemann. Denen leiste ich dann beim Mittagessen Gesellschaft, unterhalte mich, frage nach dem Schul- und Arbeitstag etc. Danach beaufsichtige ich die Hausaufgaben der Kinder. Zwischendurch geht`s mit dem Hund raus. 
Nachmittags steht eigentlich immer etwas an. Einkaufen, die Kinder zu ihren Freunden, Hobbys oder Arztterminen oder anderen Sachen fahren. Außerdem weiteres im Haushalt, in Sachen Schreiben oder Marketing. Oder eben was mit den Kindern unternehmen. 
Abends Abendessen, klar, danach kuscheln mit den Kindern. Wir spielen dann etwas oder sie gucken was und ich bzw. wir sitzen daneben und gucken mit oder lesen dabei. Danach Kind 1 ins Bett bringen, mit dem Hund raus und Kind 2 ins Bett bringen. 
Zur klassischen Abendfernsehzeit schauen mein Mann und ich uns meist einen Film an oder suchten eine Serie, so er denn da ist. Danach gehe ich an den Schreibtisch und arbeite noch bis ca. 23 Uhr. Danach höre ich Musik, schaue was oder streune durchs Netz und gehe viel zu spät ins Bett. 
Da mein Mann allerdings Früh- Spät- und Nachtschicht hat, verschiebt sich das alles immer hier und da. Wenn ich in einer aktiven Schreibphase bin, also ca. das letzte Drittel eines Buches schreibe, übernimmt mein Mann quasi alles, was geht und ich sitze in jeder freien Minute vorm Computer. 
Die Zeit, die übrig bleibt, verbringe ich mit Familie, Freunden oder den bereits genannten Aktivitäten. Die Ordnung im Haus wird definitiv chronisch vernachlässigt, aber als Genie darf man das. 😉
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Ich lese so ziemlich alles außer Splatter / zu fiesen Horror und Erotik. Liebesromane nur bedingt. Beim Schreiben liebe ich Fantasy und Krimis, erstaunlicher Weise aber auch die sogenannten „ernsthafte Literatur“, die ich privat eher selten lese. Außerdem lese ich sehr gern Thriller und gute Comics.
Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
Es gibt – gerade aus Songs – so viele Zitate, die ich toll finde; wie sollte ich mich da auf ein einigen? Da gehe ich eher nach aktueller Lebensalge, was mir gerade hilfreich erscheint. 
Derzeit ist das übrigens „I`m staying – you never know if they can use me here“ aus „Close encounters“ von Closeau. 
Aus einem meiner Bücher wüsste ich jetzt keins.
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Ich bin hier in Deutschland ganz glücklich. Ich beschäftige mich oft mit anderen Ländern, Kulturen, Gesellschaften. Das führt mir immer wieder vor Augen, wie gut wir es hier haben. Freiheit, Frieden, Wohlstand. Sicherheit. Es liegt einiges im Argen hier, klar, verbessern geht immer. Aber im Vergleich haben wir es wirklich, wirklich gut hier! 
Auch landschaftlich hat Deutschland ja sehr viel zu bieten. Meer und Berge, sanfte Hügel und weite Ebenen, tiefgrüne Wälder und satte Wiesen, rauschende Flüsse und tiefe Seen. 
Exotik reizt mich weniger, so etwas genieße ich lieber aus sicherer Entfernung, :D, vor allem, wenn es dort große Spinnen gibt. Dann lieber in den Norden. Die Norwegischen Fjorde stehen definitiv auf meiner Wunschreiseliste.
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Das kommt immer darauf an: Ist die Kritik objektiv oder subjektiv? Ist sie angemessen? Ist sie höflich formuliert? Bei objektiver Kritik, die richtig liegt, ärgere ich mich über meinen Fehler und bemüh mich, es demnächst besser zu machen; ist die Kritik unzutreffend, ärgere ich mich über den Kritiker. Subjektive, höflich formulierte Kritik stört mich nicht: nicht jeder mag alles, ich ja auch nicht. Unhöfliche Kritik gleich welcher Art ärgert mich; allerdings nicht lange, dafür ist das Leben viel zu kurz und viel zu schön.
Warum hast du dich entschieden zu einem Verlag zu gehen und nicht Selfpublisher zu werden?
Anfangs wäre es mir nie in den Sinn gekommen, mir NICHT einen Verlag zu suchen; da bin ich wohl konservativ. Seit ich weiß, wie das Leben als Schriftstellerin aussieht, schrecke ich erst recht vor Selfpublishing zurück. Ich habe so schon kaum Zeit für irgendwas, mir steht das Wasser ständig bis zum Hals sozusagen. Müsste ich mich da noch mehr ums Marketing, um Messen, Konvents, Cover, Buchsätze, Lektorat usw. kümmern, ich würde… Nee, geht nicht. Auf gar keinen Fall.
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Aber immer doch! 😊 Akzeptiert Euch, liebt Euch, passt auf Euch auf! Seid gut zu euch, dann werdet ihr euer Leben lang den besten und treuesten Freund an eurer Seite haben.

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