Dienstag, 1. Dezember 2020

[killige & ungemütliche Weihnacht] Monika Grasl

 



Weihnachten und eine Leiche

Er hatte es gewusst. Renja Kuschkina konnte man keinen Moment aus den Augen lassen. Erst recht nicht, wenn er dabei war seine Drogengeschäfte im Bezirk Arbat durchzuführen. Und das ganze am nahegelegenen Weihnachtsbaumverkaufsstand. Jascha war es mittlerweile leid hinter dem Mann aufzuräumen. Andererseits hatte er sich genau dafür vor Jahren entschieden: Für ein Leben in der Organisation, verbunden mit all ihren dreckigen Geschäften.

„Du kümmerst dich in Zukunft gefälligst allein um die Beseitigung deiner Leichen.“ Sein Gemurre stieß bei Renja auf taube Ohren. „Hörst du mir überhaupt zu?“

„Ja, lass uns die Leiche los werden und verschwinden.“

„Ich könnte mir an einem 24.Dezember auch was Besseres vorstellen, Renja. Aber bedauerlicherweise hast mit dem Kreuz für den Weihnachtsbaum ausgeholt und jetzt liegt hier ein toter Polizist.“

„Wir könnten es einer kleineren Familie anhängen. Gibt’s keinen, den Anastasia loswerden will? Oder wir fragen Iwan ob er den Kerl nicht zu einer Weihnachtswurst verarbeiten kann.“

Der Einfallsreichtum hätte Jascha beinahe ein Grinsen entlockt. Bloß war es dafür zu kalt und zudem musste das Loch ausgehoben werden. Ganz abgesehen davon, dass ihnen noch der Rückweg nach Moskau bevorstand. Der Verkehr war abseits der Feiertage eine Herausforderung, geschweige denn heute. Und der Baum auf dem Autodach musste noch aufgeputzt werden. Eine Arbeit, die er nicht übernehmen würde. Ganz sicher würde es sie Renja und Anastasia zuschanzen.

Weihnachten und Löcher graben, damit man eine Leiche verschwinden lässt, überlegte er trübsinnig.

Immerhin würde es heute Abend was Gutes bei den Kuschkinas zu Essen geben. Eine kleine Entschädigung für den immensen Aufwand, zumal Vladimir ein begnadeter Koch war. Und danach würde endlich sein wohlverdienter Urlaub für 2 Wochen beginnen. Ganz weit abseits von Toten und unfähigen Drogenhändlern. Welch eine Wohltat, um Kraft zu schöpfen für das kommende Jahr und die nächsten Leichen, die da gewiss folgten.

Irgendwo ergab sich nämlich immer eine.

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