Freitag, 18. Dezember 2020

[Schnipseltime] Frostmagie - Kalte Füße, heißes Blut von Margaux Navara

 


„Stehenbleiben!“ Seine Cop-Stimme war ganz von alleine wieder gekommen, obwohl er sie hier noch nicht einmal benutzt hatte. Sie verfehlte ihre Wirkung nicht. Die Gestalt erstarrte. Mit wenigen Schritten war Angus vor dem Laden angelangt. „Leeren Sie Ihre Taschen!“ Er zog die Taschenlampe aus seiner Koppel und strahlte seinem Gegenüber ins Gesicht.

Ah, deshalb war sie ihm bekannt vorgekommen. Das war Lynette Purvis, an die er eben noch gedacht hatte. Zugleich wurde ihm bewusst, was ihn an ihrem Anblick so gestört hatte. Sie trug keine vernünftige Winterjacke, sondern nur den dünnen Blouson, in dem er sie schon früher gesehen hatte. Da alle in dicke Steppjacken oder Mäntel gekleidet waren, fiel sie einfach auf. Er ließ den Schein der Lampe nach unten wandern, zu ihren Händen.

Sie hielt tatsächlich eine Schneekugel in der Hand. Unter den wirbelnden Flocken war nicht zu erkennen, was darin war. „Und was wolltest du damit machen?“

„Nichts.“ Sie klang wie ein ertapptes Kind, doch bei den nächsten Worten hatte sie sich im Griff. „Nur anschauen. Werd ich wohl dürfen, oder? Zumindest haben Sie mir das nicht zu verbieten, Mister!“

„Ich bin Polizist und du wirst mich mit Officer Calder ansprechen. Oder Sir.“ Verdammt. Sobald es um diese Frau ging, fielen ihm die seltsamsten Dinge ein. Sie musste ihn natürlich nicht mit Sir ansprechen, wieso auch? Er musste sich und sie von seinem Fauxpas ablenken. „Ich verbiete dir nicht, dir die Auslagen von Ms Bianchi anzusehen, aber ich verbiete dir, ihre Schneekugeln einzustecken.“

„Hab ich doch gar nicht!“

„Und was ist das in deiner Hand? Hast du die bezahlt? Soll ich Ms Bianchi dazu befragen?“

„Wieso sprechen Sie mich nicht mit Miss an? Bin ich etwa weniger wert als Ms Bianchi?“ Sie betonte den Namen der Ladenbesitzerin besonders. Ah, die Kleine war sauer, weil er sie nicht respektvoll genug behandelte.

„Respekt muss man sich verdienen, Lynette. Ein Mädchen, das mir den Mittelfinger rausstreckt, gehört nicht zu den Personen, die ich mit besonderer Höflichkeit behandle.“

„Fick dich doch ins Knie, ‚Sir‘! Ich bin kein Mädchen! Und ich habe genauso viele Scheißrechte wie Ms Bianchi!“

So so. Sie verriet ihm mit ihren Worten mehr als beabsichtigt. „Du hast die gleichen Rechte, das ist richtig. Aber ich lasse mich nicht von meiner Pflicht ablenken. Du wolltest etwas einstecken, was dir nicht gehört. Das ist Diebstahl. Soll ich dich mit aufs Revier nehmen? Wir können das dort klären. Vielleicht sollte ich dich durchsuchen? Wer weiß, was ich noch finde?“

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