Dienstag, 9. April 2019

[Buchvorstellung einmal anders] Bad Boy by Banana von Alva Furisto

Buchvorstellung einmal anders 

Ich treffe mich heute mit der Autorin Alva Furisto um mit ihr über ihr Buch „Bad Boy by Banana“ zu reden.
Danke, dass du heute Zeit hast, um mit mir über dein Buch zu sprechen.
Vielen Dank, dass ich hier sein kann.
Beschreibe uns dein Buch in max. 5 Sätzen.
Tom Sandmann, Steuerberater Ende vierzig, ist in einer Lebenskrise angelangt. Bei seinem Versuch zu einem Bad Boy zu mutieren, bemerkt er allerdings, dass sein Verhalten zuvor für seine Umwelt schon kein Zuckerschlecken war. Als ihm die junge Nancy die Stirn bietet, beginnt er die Welt durch ihre Argumente auf andere Art und Weise zu sehen und als sie plötzlich verschwunden ist, vermisst er sie schmerzlich. Tom stellt sich vor, wie ein Leben mit ihr verlaufen wäre und sucht nach ihr. Der Roman erzählt eine Geschichte über das Altern und Fehler, die wir zu spät erkennen, getragen von schwarzem Humor.
Deine Protagonisten erleben ja so einiges. Fällt es dir leichter sie durch Tiefen oder über Höhen zu begleiten?
Ich gehe immer voll in den Stimmungslagen der Protagonisten auf. Generell fällt es mir tatsächlich leichter, mich in die Tiefen hineinzuversetzen. Wobei ich ähnlich wie meine Protagonisten auch in der dunkelsten Stunde noch hervorragend über mich selbst lachen kann.
Hast du eine Lieblingsstelle, die du uns gerne vorstellen würdest? 
Ich mag die Stelle mit dem Kopierer am liebsten, weil sie Tom Sandmanns Blödeleien wunderbar beschreibt.
Tom kramte in der Eingangspostmappe auf seinem Sideboard, bis er eine Einspruchsentscheidung in einer nicht allzu komplizierten Sache fand, die er bereit war, im Original zu opfern. Im Badezimmer rückte er seine Haare sorgfältig in ihre optimale Position, gurgelte mit Mundwasser, sprühte als Finish einen Hauch Bad Boy by Banana auf sein Sakko und grinste zufrieden sein Spiegelbild an.
Tom schlich an Richards Zimmer vorbei, dessen Tür wie immer geöffnet war, und schlenderte zum Aufzug. Im Erdgeschoss trat er vor den Empfang, unsicher, in welche Richtung es zum Kopierraum ging. Roswitha Hamburg, gebürtige Münchnerin und schon zum Inventar gehörend, nickte Tom zu. Ihr graues Haar war adrett nach oben gesteckt und ihr moosgrünes Kostüm umspielte ihre ausladenden Hüften, wie es nur ihr stehen konnte.
Tom mochte diese Person, denn sie war verlässlich, diskret und sensibel genug, um zu erfassen, dass er zwar ein Problem hatte, aber nicht gesehen werden wollte. Das erkannte Rosi allein an Toms Gesichtsausdruck und den Blättern in seiner Hand, da sie ohne zu fragen nach rechts deutete.
»Der Kopierraum ist in diese Richtung.«
War diese Frau genial! Jeder andere hätte laut ein charmantes ›Guten Morgen, Herr Sandmann!‹, heraus posaunt und alle in der näheren Umgebung gewarnt, dass die sonst nur verdeckt operierende Hälfte der Geschäftsleitung im Anmarsch war. Tom nickte und ging an Roswitha vorbei, die ihn kritisch mit hochgezogener Augenbraue über ihre Lesebrille hinweg beobachtete.
Dieser Blick zerstörte in Tom jede Illusion. Roswitha war weder besonders sensibel noch genial. Sie kannte als langjährige Mitarbeiterin schlichtweg seine Marotten. Die Kopierernummer hatte Tom schon einige Male abgezogen. Je nachdem wie sorgfältig er dabei vorging, war Roswitha diejenige, die bei der Servicefirma anrief, um zu erklären, wie dem Kopierer solch kuriose Unfälle geschehen konnten.
Diesbezüglich war Roswitha ein überragendes Talent, denn ihr war es gelungen, aus einem in der Trommel des Kopierers verfangenen Spitzenhöschen einer gewissen Ruth einen Garantiefall herzuleiten.
Tom kam an Zimmer 012 vorüber. Zu seinem Ärgernis war die Milchglastür verschlossen. Egal. Der Kopierraum war leer und Tom entschied sich für die schlichte Ich-armer-Mann-bin-zu-doof-für-alles Kopiernummer. Die war geräteschonend und würde Roswitha heute nicht die Gelegenheit geben, ihn noch einmal über ihre Brille hinweg vernichtend anzusehen.
Emsig räumte er Papierschacht eins bis vier des Kopierers leer, bis auf drei Blätter in Schacht eins. Dann stopfte er das noch immer zusammengeheftete Schreiben in den Papiereinzug - zu allem Übel auch noch falsch herum. Auf diese Weise würde er auf Anhieb erkennen, ob Kathrin so clever war, wie sie sich in ihrer Bewerbung gab.
Er drückte vergnügt auf ›Start Copy‹.
Keine zwei Sekunden - das Gerät piepste, weil das Schreiben im Papiereinzug feststeckte.
Ratsch -jetzt war es sogar gerissen. Ein Traum! Die Lampe für Papierstau im Gerät leuchtete auf. Volltreffer!
»Oh nein! So ein Unglück!«, rief Tom aus. Mit dem Fuß trat er gegen das Gerät. Für gewöhnlich was das ausreichend, um die Bewohner von Zimmer 012 aus ihrem Büroschlaf zu wecken und darauf aufmerksam zu machen, dass jemand im Kopierraum um Hilfe schrie.
Heute wartete Tom vergeblich. Eigeninitiative war gefragt. Er trat in den Flur und klopfte gegen die Milchglastür.
»Ja, bitte!«
Tom schob die Tür auf und spähte zu den zwei Schreibtischen. Einer davon war leer, an dem anderen saß ein Wesen, das so gar nicht an das Bild von Kathrin Häuser aus der Personalakte erinnerte. Was er sich allerdings unter einer Sophia Gomez vorgestellt hatte, verkörperte es aber auch nicht.
Die Frau, die er auf sein Alter schätzte, sah ihn mit blauen Augen eisig an. Sie war schlank. Nein, eigentlich war sie dürr, in ihrem adretten Blüschen mit knielangem Rock und Pumps, die er nun sehen konnte, da sie aufstand. Der Kurzhaarschnitt und das kühle Blond, zusammen mit ihrer verbiesterten Miene verlieh ihr eine Aura, als sei sie die Pförtnerin der Hölle.
»Wir mutieren zu den Lehmann Brothers«, stöhnte Tom.
»Würde es Sie in irgendeiner Weise überfordern, sich mir vorzustellen und mir zu sagen, wie ich Ihnen helfen kann?«
Ja, jetzt aber! Das würde runtergehen wie Öl. Für diesen harschen Tonfall würde sie bluten. »Tom Sandmann, Geschäftsführer.« Tom genoss die Stille im Raum, doch sie zuckte nicht annähernd so, wie er sich das ausgemalt hatte.
»Und?«, fragte sie genervt. Dabei erdreistete sie sich auf ihren Bildschirm zu sehen, anstatt ihm – ihrem Chef - angemessen zu huldigen.
»Und wer sind Sie?«, fragte Tom streng.
Sie deutete mit dem Zeigefinger an ihm vorbei. »Das steht an der Tür. Ich habe die Empfangsdamen angewiesen, nur Personen zu mir durchzulassen, die des Lesens und Schreibens mächtig sind. Haben Sie sich an einem gekippten Fenster hereingemogelt - Sandmann?« Während sie mit ihm sprach, fixierte sie ihn angriffslustig.
Die Unverfrorenheit von Frau Gomez kratzte massiv an Toms Improvisationstalent. Noch nie war ihm eine Person mit den ersten drei Sätzen so über den Mund gefahren. Was sollte er dazu noch sagen? »Der Kopierer«, stammelte er.
»Aha.« Ohne ihm Beachtung zu schenken, ging sie an ihm vorüber.
Tom folgte ihr und hatte das Gefühl, zu ihrem Sklaven mutiert zu sein. Das wurmte ihn. Was nahm diese Person sich heraus in ihrem biederen Outfit, gekrönt von einem Männerhaarschnitt. Wer hatte überhaupt erlaubt, so eine einzustellen?
Mit ihren gepflegten Händen, die Nägel unlackiert, fingerte sie im automatischen Papiereinzug herum und rettete die Einspruchsentscheidung vor dem sicheren Tod durch das Kopierer-Fleischwolf-Syndrom. Dass dieses Gewitter auf zwei Beinen keinen Ehering trug, erstaunte Tom nicht. Sonst reizte ihn das, doch bei ihr registrierte er es mit einem wissenden Grinsen.
Vorwurfsvoll hielt sie ihm das zerfledderte Papier unter die Nase. »Die Tackerklammer ist noch drin.«
»Ups«, entfuhr es Tom.
»Und es lag falsch herum.« Die Augenbraue in die Höhe gezogen, musterte sie ihn.
»Doppelups«, murmelte er.
Mit drei geschickten Handgriffen hatte Frau Gomez den Papierstau entfernt und neues Papier eingelegt. Sie hielt ihm das Dokument erneut unter die Nase.
»Bevor Ihnen das Trippelups entweicht: Ich habe den Kopierer vor zwanzig Minuten mit Papier aufgefüllt. Dieses Dokument wurde bereits gescannt, daher der unverkennbare rote Eingangs- und Scanstempel der Kanzlei Sandmann & Wagenbach mit dem Namenkürzel unserer unvergleichlichen Frau Hamburg. Sie können das Dokument also am Bildschirm sichten, oder aber beliebig oft auf ihrem Drucker in Ihrem Büro ausdrucken. Sollten Sie allerdings gesteigerten Wert darauf legen, dass Frau Kathrin Häuser diese Ausdrucke persönlich für Sie vornimmt, dann werde ich Ihr das gern ausrichten. Sie wird um die Mittagszeit vom Außendienst zurück sein.« Frau Gomez musterte ihn, weiterhin völlig unbeeindruckt.
Dieses Miststück hatte ihn durchschaut. Wie konnte das sein?
»Bitte sagen Sie Frau Häuser, dass ich sie nach ihrer Rückkehr umgehend in meinem Büro sprechen möchte«, sagte Tom energisch.
Sophia Gomez starrte ihn ungläubig an und unterdrückte sichtlich ein Kopfschütteln.
»Ich gehe dann mal. Danke für die Hilfe.« Er drehte sich um und eilte davon.
Wie viel echte Alva ist in dem Buch oder in dem einen oder anderen Charakter? 
Ups … Tom verkörpert meine dunkle männliche Seite. Die echte Alva sucht ihr im Bad Boy by Banana allerdings vergeblich. Ich denke jede Figur eines Autors hat – wenn vielleicht manchmal auch nur im Ansatz – etwas von ihrem Schöpfer. Wer Alva als Romanfigur will, der muss 6:42 Uhr lesen und Anna Gärtner kennenlernen. Mehr Alva geht nicht.
Wie würden dich deine Charaktere beschreiben? 
Alva ist stur, witzig, dickköpfig, liebevoll, stur, ideenreich, hat einen unglaublichen Dickkopf, intelligent, stur, fantasiereich und aufopfernd. Es sei denn, sie ist wieder mal stur.
Mich würde noch dein Lieblingszitat interessieren.
Aus dem Bad Boy by Banana treibt mir der folgende Satz Pippi in die Augen:
›Wenn dich der Sturm zersplittert und dich die Brandung an Land trägt, Sandmann. Wenn du mit dem Gesicht nach unten angespült wirst, drehe ich dich um und küsse dich wach. Dann bist du auf Erden für immer mein.‹
Danke für das Gespräch. 
Ich danke dir für das tolle Interview.

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