Buchvorstellung einmal anders
Nach dem Autoreninterview drückt mir Lady Rosewood ihren Kindle in die Hand und verlässt einfach das Zimmer. Da mir das schon öfter passiert ist in letzter Zeit, erahne ich, was da kommen wird.
Ich drehe den Kindle hin und her und öffne schließlich das Buch der Autorin „Dominante Leidenschaft – Lady Noble“, um schon ein bisschen hineinzulesen. Nach einigen Minuten höre ich ein feines Stimmchen: »Jetzt ist er weg, dann interview einfach mich, deshalb bin ich ja da!«
Ich lache laut auf, denn ich liebe es mit Büchern zu reden und wer weiß neben dem Autor am meisten über das Buch? Vermutlich das Buch selbst. Also, dann lege ich mal los. 😊
Hallo, danke, dass du heute Zeit gefunden hast, um mit mir zu reden.
Sehr gerne. Ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe. Ich werde sonst mit mehr oder weniger Genuss und Lust konsumiert, das jemand mit mir spricht, das ist eine erfreuliche neue Erfahrung.Kannst du dich meinen Lesern vorstellen? Vielleicht in eigenen Worten, da die Leser den Klappentext auf der Verkaufsplattform lesen können?
Hallo, ich bin das Buch „Dominante Leidenschaft – Lady Noble“ und freue mich über euer Interesse an mir. Wie es sich für mein Genre gehört, geht es in mir heiß her, viele explizite Szenen toben in meinem Inneren. Und eine anrührende Geschichte für alle, die sich für Liebesgeschichten interessieren. Lena und Marvin sind glücklich (bis es dahin kam, das erzählt Band eins, die Geschichte einer Frau, Lena, die mutig (endlich) ihr Coming out in Sachen BDSM wagt). Nun ist ihre Liebe bedroht, durch Wünsche nach sexuellen Varianten, über die sie sich nicht trauen, miteinander zu reden. Kommt dir das bekannt vor? Schau in mich rein. Mein Innenleben ist zudem divers, Lena ist bisexuell, von einem Transmann angetan und ein schwules Paar spielt auch mit.In deinem Inneren spielt sich ja so einiges ab, die in dir enthaltenen Charaktere erleben so einiges. Da du ja auch viel mit der Autorin zusammenarbeiten musst, kannst du uns vielleicht beantworten, ob es ihr leichter fällt sie durch einfache, schöne, lustige oder schwierige, düstere, traurige Zeiten und Situationen zu führen?
Hast du eine Lieblingsstelle, die du uns gerne vorstellen würdest?Was für eine schöne Frage. Du hast Recht, es gibt diese einfachen Zeiten, da fließt es, die schönen, die lustigen, aber es gibt auch die traurigen und schwierigen. Ich fange mal von hinten an. Schwierig wird es, wenn Lady Rosewood feststeckt, weil sie merkt, dass sie für die Szene noch mehr Recherche braucht oder eine neue Idee eine alte über Bord wirft. Das macht ihr Mühen, weckt aber auch ihren Ehrgeiz, es gut zu machen, fundiert und realistisch.Traurig ist, wenn sie daran schreibt, wie Lenas Liebe zu zerbrechen droht, das geht sogar mir an die Nieren.Lustig ist es auch, sie hat ja einen leisen Humor, der sich unter anderem im Glossar zeigt, das macht ihr Spaß, das merke ich sehr. Schön und einfach zugleich ist es, wenn sie im Flow ist, gar nicht mehr von mir weg will und mich wachsen lässt, die Geschichte entwickelt und mir so Leben einhaucht.
Das Kapitel „Glückszahl drei“ nimmt die Leserinnen und Leser mit in einen sehr heißen Dreier von zwei Frauen und einem Mann. Ich liebe dieses Kapitel besonders, weil es zeigt, wie zwei Freundinnen sich den Mann der einen teilen, ohne dass ein Hauch von Eifersucht in der Luft liegt, sondern Lust, Glück und Geilheit.Weißt du wie viel Lady Rosewood tatsächlich in dir oder auch in dem ein oder anderen Charakter steckt?
Wie würdest du oder seine Charaktere / Protagonisten / Antagonisten / Nebendarsteller die Autorin beschreiben?Diese Frage interessiert immer, aber von meinen Kollegen-Büchern weiß ich: Bei Erotik- und BDSM Autorinnen besonders. Niemand denkt ja, dass ein Krimiautor selber mordet. Aber was Lady Rosewood so schreibt … Ich darf wohl sagen: Sie kennt die Szene, über die sie schreibt, aus eigenem Erleben, auch ist sie selbst bi+. Aber sie ist Schriftstellerin, nicht Lena oder eine andere Figur im Buch. So ist sie weder Transgender noch schwul. Es ist so viel komplexer, manches fließt ein aus ihrem Leben, verfremdet, vermischt sich mit Erdachten.ich weiß von Lady Rosewood, dass für sie ihr Bekenntnis zur Frauenliebe mit 20, im letzten Jahrhundert nicht so leicht war wie für Lena. Das die beiden verbindende Thema darin ist, sich zu trauen, zu sich und seinen Neigungen zu stehen, auch wenn sie von (Teilen) der Umwelt abgelehnt werden.
Wie seid ihr eigentlich zum Titel gekommen? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du viel Mitspracherecht?Lena schaut mich testend an, sie will sicher prüfen, ob ich das Interview mit ihr gelesen habe, das im Newsletter von Lady Rosewood erschienen ist. Ja Lena, ich war brav, du kannst deine Gerte stecken lassen. Ich bin fasziniert, wie du, eine im Alltag eher unauffällige Frau, aufdrehst, wenn du in die Femdom-Rolle schlüpfst und Lust an der Macht hast. Gerade auch in kleinen Gesten wie dem Genuss an dem fixiert ausgelieferten Gegenüber oder einem schlichten Befehl in ruhigem Ton: Knie dich nieder.Ganz anders Irina. Kein Wunder, dass Lena sich bedroht fühlt, als diese sich für Lenas Freund Marvin interessiert. Irina ist laut, klar und nimmt sich, was sie will. Gerne mehrere Männer auf einmal …Marvin rückt in Band zwei mehr in den Blick. Er traut sich, seine devote Seite auszuprobieren und dazu zu stehen, das tut seiner „Männlichkeit“ – er würde jetzt fragen: „Was bitte, soll das sein?“ – keinen Abbruch. Aber über seine Fantasien mit einer anderen Frau, Irina, zu reden, fällt ihm schwerer als einfach loszupreschen …Schließlich Nils. Ein Transmann mit Pussy, so beschreibt er sich selbst. Er hat in der Kinky-Szene seine Welt gefunden, in der er sein darf wie er ist und kein Exot ist. Durch sein Aussehen geht er in der Alltagswelt „als Mann“ durch – das ist ein bisschen political incorrect denn er IST ein Mann. An Lena hat er großen Gefallen gefunden …
Bist du zu 100% zufrieden mit deinem Cover / Outfit oder würdest du nachträglich gerne etwas ändern wollen?Zum letzten Punkt: ich hatte null Mitspracherecht. Sonst hätte ich gesagt: Der Titel ist echt schön, aber könnte auch falsche Erwartungen wecken. Denn Lena ist nicht von Beginn an dominant, sie sucht ihre Dominanz, probiert sich auch als Sub aus, ist unsicher.Mit dem Titel wollte die Lady Rosewood als Autorin zum Ausdruck bringen, was Lena ersehnt und was sie immer mehr lernt zu leben. Und ein Eye-Catcher sollte es natürlich auch sein. Deshalb finde ich „Dominante Leidenschaft“ doch sehr gelungen.
Ich bin tatsächlich zu 100% zufrieden mit meinem Outfit. Mit dem Cover, das vom Bild bis zur grafischen Gestaltung exakt zu mir, zur Hauptperson Lena passt. Aber auch der Buchsatz, die Triskelen, die Abschnitte und Kapitel trennen, das alles steht mir gut. Zur Information: Die Triskele ist unbekannten Ursprungs und symbolisiert im BDSM die drei Positionen Bottom, Sub und Switch. Daniela Rohr von skripturdesign hat mich toll gestaltet.Zum Abschluss würde mich noch dein Lieblingszitat aus dem Buch interessieren.
„Sie war feucht und vor ihr lag ein zweites Feuchtgebiet, bereit zur Durchforstung, Eroberung und Überflutung.“Nun betritt die Autorin wieder das Zimmer und blickt mich ungläubig an. Scheinbar ist es selbst in Autorenkreisen nicht üblich, dass das Buch antwortet. Leise flüstere ich dem Buch noch zu: »Danke für das Gespräch, es hat mir großen Spaß gemacht.«
Dann wende ich mich der Autorin zu. »Alle meine Fragen sind beantwortet, ich danke dir für den sehr interessanten Tag bei dir.«
Die Autorin schaut auf mich, auf das Buch in meinen Händen. Dann schaut sie wieder mich an, lächelt: „Das ist auch für mich ein besonders interessanter Tag.“
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