Sonntag, 10. Mai 2020

[Buchvorstellung einmal anders] MissVerständnis - Borderline von Mari März



Buchvorstellung einmal anders 

Heute treffe ich mich mit der Protagonistin Mia aus „MissVerständnis“ und deren Autorin Mari März.

Claudia: Danke, dass ihr euch heute Zeit genommen habt und für das Buch antwortet. Würdet ihr euch vielleicht gegenseitig interviewen? Und vielleicht gleich einmal das Buch vorstellen?
Mari: Mia Martin ist eine erfolgreiche Ratgeberautorin, die plötzlich nicht mehr ratgeben will. Jahrelang war sie Miss Verständnis, doch das ändert sich. Sie mag keine Menschen – ein Umstand, der nicht von ungefähr kommt. Und was Mia für ein Missverständnis hält, ist weit mehr als das. 
Claudia: Sehr schön. Da ich vor längerer Zeit schon ein Gespräch mit deiner Autorin hatte, wäre es schön, wenn du dich meinen Lesern vorstellen könntest. 
Mia: Ich mag keine Menschen. Mich eingeschlossen. Warum? Nun, es ist einfach passiert. Irgendwann zwischen gestern und heute. Es gab Zeiten, in denen ich lachen konnte und mich mit Freunden traf. Ein paar davon sind mir geblieben, auch wenn sie mich zunehmend mit Argwohn betrachten. Sie bezeichnen mich als MissVerständnis. Sie haben keine Ahnung, vergnügen sich trotzdem oder gerade deshalb an diesem Wortspiel. 
Miss Verständnis – Missverständnis. 
Niemand da draußen versteht mich. Warum also sollte ich mir noch länger die Mühe machen und Verständnis zeigen? 
Mia: Mari, das Buch haben wir ja schon ein bisschen vorgestellt, aber eine Frage treibt mich immer wieder rum. Macht es dir Spaß, deine Protagonisten ein wenig zu quälen? Sie in Situationen hineinzuwerfen, die schwierig sind? Warum nicht einfach und schön? Müssen Gefahren und Stolpersteine immer sein? 
Mari: Ich schreibe über das Anderssein, da liegt es in der Natur der Sache, dass nicht immer alles rundläuft. Meine Protagonisten führen ein Eigenleben, ich führe quasi nur die Feder und erzähle ihre Geschichten – wie die von MissVerständnis - Borderline. 
Mia: So so, wenn das so ist, machen wir doch gleich mal mit unseren Lieblingsstellen im Buch weiter? Meine ist: … 
Mutter schimpfte so oft mit mir, weil ich einfach kein braves Mädchen war. Dabei wollte ich doch, gab mir wirklich Mühe, doch in mir war so viel Wut. Ich spürte es, wie die Menschen sich gegenseitig belogen, die Wahrheiten verrückten, bis sie passend waren für eine Welt, in die ich einfach nicht hineinpasste und irgendwann auch nicht mehr hineinpassen wollte. Der Schmerz half mir, die Wut zu kontrollieren. Ich knabberte an meinen Nägeln, bis sie blutig waren. Riss mir die Haare büschelweise aus. Kletterte auf Bäume und sprang absichtlich in die Tiefe. Fliegen … Ja, schon als Kind wollte ich fliegen, genoss diese Sekunde der Schwerelosigkeit und den brennenden Schmerz, wenn ich mir den Arm brach oder die Knie aufschürfte. Ich tat es mit Absicht, doch niemand wollte es sehen. Niemand sah mich, wie ich wirklich war, bis auch ich vergaß, wer ich bin. 
Mia: Viele fragen sich vielleicht auch wie viel echte Mari eigentlich in dem Buch oder in dem ein oder anderen Charakter versteckt ist? 
Mari: Wie immer sehr viel. Mit meiner MissVerständnis konnte ich mir jede Menge Frust von der Seele schreiben – nicht nur, was die Buchbranche betrifft. Mein Leben lang fühlte ich mich nichtdazugehörig, anders und schon immer fiel es mir schwer, mich unterzuordnen, für mich abwegige Dinge als gegeben zu akzeptieren. So geht es auch meiner Protagonistin Mia, wenngleich auf weitaus krassere Weise. 
Claudia: Mia unter uns, jetzt haben wir schon so viel über das Buch gehört, aber wie würdest du als Hauptprotagonistin deine Autorin beschreiben? 
Mia: Mari hat es geschafft, meine Persönlichkeitsstörung als etwas darzustellen, das mehr Akzeptanz verdient – von anderen aber vor allem von mir. Sie beschreibt schonungslos meine Flucht vor mir selbst und verpackt meine Ängste, meine Wut aber auch meine Hoffnung in eine rasante Geschichte, die unter die Haut geht. 
Claudia: Wann kam die Idee zum Titel? Stand der schon im Vorfeld fest oder hat er sich im Laufe des Schreibprozesses verändert? Hattest du, Mia, vielleicht sogar Mitspracherecht? 
Mari: Der Titel stand bereits 2016 fest. Damals wusste ich noch nicht so genau, worüber ich schreiben wollte, aber im Laufe der Zeit half mir Mia dabei, ihre Geschichte niederzuschreiben. Es ist nicht so, dass ich meine Protagonisten als etwas Abstraktes betrachte, sie sind ein Teil von mir, meine dunkle Seite, wofür ich sehr dankbar bin. 
Mia: Mari, lass uns über das Cover reden. Sind wir zu 100% mit dem Cover zufrieden oder hätten wir nachträglich noch etwas ändern sollen? 
Mari: Das Cover hat mir viele schlaflose Nächte bereitet. Ich mag keinen Mainstream – auch und vor allem nicht beim Cover. Da MissVerständnis ein Psychothriller geworden ist, der keine Klischees dieses Genres bedient, wollte ich auch kein typisches Thrillercover. Es sollte schlicht sein – ohne viele Farben. Warum? Nun, im Buch gibt es so einige bizarre Farben, die trügerisch sind. 😊 
Claudia: Wisst ihr, was mich zum Abschluss noch interessieren würde? Euer jeweiliges Lieblingszitat aus dem Buch. 
Mari: Ich zitiere hier gern Doktor Kramer, Mias Therapeut im BLISS: »Laufen Sie den bösen Gedanken davon, aber niemals vor sich selbst! Erinnern Sie sich daran, was wir geübt haben. Nehmen Sie sich an – mit all Ihren Schwächen aber auch all Ihren Stärken. Niemand kann Sie so lieben, wie Sie sich selbst.« 
Claudia: Vielen Dank für das Gespräch. 

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