Freitag, 3. September 2021

[Schnipseltime] Die Traumkriegerin: Die Glocken des Krieges von Ava Cooper

 

»Es geht nicht.« Stöhnend ließ sie seine Hände los.

»Nicht so hastig!«, stoppte er sie. »Wir haben noch nicht versucht, meinen Herzschlag zu verändern.«

Überrascht riss sie die Augen auf. »Du meinst … dein Herz soll schneller schlagen?«

»Warum nicht?«, fragte er sie ruhig.

»Weil … eigentlich geht es ja darum, zur Ruhe zu kommen; die innere Mitte zu erspüren. Deinen Herzschlag zu beschleunigen, finde ich daher unpassend.«

Er zuckte mit den Schultern. »Das mag sein. Aber wenn es anders nicht geht – was spricht dagegen?«

»Auch wieder wahr.« Dieser Logik konnte Talisha sich nicht entziehen. Nur weil eine Methode unorthodox war, hieß das nicht, sie funktionierte nicht. Energisch klatschte sie in die Hände. »Also gut. Versuchen wir es auf deine Weise.«

Diesmal konnten sie das Herz des anderen noch schneller fühlen. Es war, als warteten ihre Sinne regelrecht darauf, sich gegenseitig zu umfassen. Wieder hörte sie Krians starken, ruhigen Herzschlag neben ihrem eigenen. Sie spürte, wie er sich vollständig auf sein Herz konzentrierte. Es war, als fülle er es aus und umhülle es gleichzeitig. Einige Wimpernschläge lang behielt es dennoch seinen Rhythmus. Ganz plötzlich beschleunigte es sein Tempo. Allerdings geschah dies so unvermittelt, dass es nun zwar ebenso schnell schlug wie ihres, aber nicht im selben Takt.

Wieder nahm sie Krians Konzentration wahr, als er sein Herz kurz anhielt, damit es danach weiterpochte – im perfekten Einklang mit ihrem. Staunend lauschte Talisha dem Schlagen ihrer Herzen, die nun wie ein einziges klangen. Sie verbanden sich miteinander, verwoben sich. Augenblicklich wusste sie, diese Verbindung würde nie wieder abreißen. Noch etwas erkannte sie; sie konnte nämlich auf einmal in Krians Innerstes hineinblicken, als wäre er ein offenes Buch.

Sie sah seine Liebe zu ihr, stark und bedingungslos. Nichts Falsches war in seinen Gefühlen. Er würde alles für sie geben; sein Leben, seinen Titel, sogar seinen Stolz, der ihm oft wichtiger schien als alles andere. Aber sie erkannte auch, wie sehr er von klein auf von der Angst beherrscht wurde, den Ansprüchen seines Vaters nicht gerecht zu werden.

Weil er mehr Gefühle besaß als andere Penanga. Zistars und Zitas Hass ließen ihn stets auf der Hut sein. Sie erlebte, wie schwer seine Kindheit für ihn gewesen war und warum es ihm so wichtig war, als echter Penanga wahrgenommen zu werden. Obwohl niemand außer seinem Vater das Geheimnis kannte, empfand er seine Herkunft stets als Makel, den er nur durch besondere Härte ablegen konnte.

Deswegen war er so versessen darauf gewesen, als eiserner Herrscher anerkannt zu werden. Daher hatte er manchmal gegen seine Überzeugung gehandelt. Das alles erfasste sie im Bruchteil eines winzigen Augenblicks, der dennoch Äonen an Zeit zu dauern schien. Mit der Erkenntnis kam auch ein Verständnis, das umfassender war als alles, was sie erlebt hatte.

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