Das Wirtshaus roch
nach schalem Ahornbier und durchzechten Nächten. Iven polierte den Tresen
sorgfältig, während er zugleich alle Sinne auf die letzten Gäste gerichtet
hielt. Die Monde neigten sich schon fast wieder dem Horizont zu, so
fortgeschritten war die Nacht mittlerweile. Und wer zu dieser Stunde noch in
einem Wirtshaus saß, der übernachtete entweder hier oder aber hatte so viel
getrunken, dass er es nicht mehr nach draußen schaffte. Iven war die erste
Sorte normalerweise deutlich lieber, doch wenn er nun vom polierten Holz aufblickte,
sah er nur eine Handvoll Männer verstreut über den Tischen liegen. Keiner von
ihnen hatte am Abend ein Zimmer verlangt. Und keiner würde jetzt mehr für die
Nacht bezahlen.
Ein raues Lachen
lenkte Iven ab und er warf einen Blick über die Schulter, wo die kleine Küche
an den Schankraum anschloss. Raver wischte mit einem fleckigen Tuch über ein
Bierglas. Schaumreste tropften dabei auf den Boden, doch niemand störte sich
daran. Schließlich mussten die Gäste schon froh darüber sein, dass der Wirt hin
und wieder überhaupt Seife zum Reinigen des Geschirrs verwendete und es nicht
nur mit abgestandenem Bier und fragwürdigem Regenwasser aus dem Eimer hinter
dem Haus abspülte.
Raver bemerkte
seinen Blick. »Alkohol desinfiziert«, sagte er schmunzelnd.
»Auch innerlich?«
Iven zog die Augenbrauen zweifelnd nach oben, aber Raver zuckte nur die
Schultern und trat zurück in die Küche.
»Die bezahlen ja
sowieso nicht«, hörte Iven ihn noch murmeln.
Ein durchdringendes
Wiehern fegte durch die Nacht und Iven riss den Kopf hoch. Bei den Monden!
Ohne einen Blick zu
Raver hastete er durch das Wirtshaus und öffnete die Tür. Kalte Luft drang
durch sein Hemd, aber Iven zitterte nicht. Sein Herz raste. Das Adrenalin
brannte in seinem Blut und er wusste auch, warum. Ein Pferd wieherte nur in
panischer Angst auf diese Weise und keine Erklärung, die ihm einfiel, versprach
Glück und Seligkeit. Entsetzt riss Iven die Augen auf, als er das Pferd
entdeckte, das einige Schritte von der Tür entfernt zum Stehen gekommen war.
Das weiße Fell blutbefleckt und auf seinem Rücken eine vermummte Gestalt, die
sich mit letzter Kraft festhielt.
Iven drehte sich
zum Innenraum und stieß einen kurzen Pfiff aus. Raver war sofort bei ihm und
stürzte zum verängstigten Tier, während Iven gerade rechtzeitig beim Reiter
war, bevor dieser ohnmächtig vom Rücken des Pferdes glitt. Iven zog ihn ein
Stück mit sich, ehe er ihn behutsam auf dem Boden ablegte. Der Mantel des
Mannes war blutdunkel.
Raver hielt das
Pferd an den Zügeln und bemerkte die Blutflecken auf dem hellen Fell. Er sagte
nichts, aber als sich ihre Blicke kreuzten, sah Iven die Bestürzung in Ravers
Gesicht.
Irgendetwas war
diesem Mann zugestoßen.
Irgendetwas
Schreckliches.
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