Samstag, 10. November 2018

[Protagonisteninterview] Alexander Merahwi aus Poker mit Hai von B.D.Winter





Protagonisteninterview Merahwi 


Heute darf ich den Chef der Firma "Merahwi & Martin" mit meinen Fragen löchern. Dana, die Chefsekretärin von Alexander Merahwi holt mich vorne bei der Rezeption ab und bringt mich direkt zu ihm.

Guten Tag, Herr Merahwi. Danke, dass ich Ihnen heute einige Fragen stellen darf.

Herzlich willkommen. (Er weist mit einer einladenden Bewegung auf das schwarze Designersofa in seinem Büro und nimmt schräg von mir in einem Sessel Platz.) Was würden Sie gerne trinken? Kaffee, Tee? (Während seine Sekretärin sich um die Getränke kümmert, sehe ich mich im Büro um. Chrom, schwarzes Glas und an jeder Wand moderne Bilder und Kunstfotografien. Alle sind sie in Schwarz, Weiß und mit roten Akzenten gehalten.)


Was macht den aktuellen Fall, den Sie gerade bearbeiten, zu etwas Besonderem?

Jeder Fall ist auf seine Weise besonders, weil sich keine zwei Verhandlungen gleichen. Im Rosenkrieg, von dem Sie gerade sprechen, liegen die Besonderheiten in einem Knebelungsvertrag, der uns wenig Spielraum lässt, und in den beteiligten Personen. Ein Mann, der seine Frau zu dermaßen widerlichen Klauseln im Ehevertrag nötigt, kennt auch sonst keine Skrupel. Den vorigen Anwalt meiner Klientin hat er auf sehr brutale Weise ausschalten lassen, und meiner Klientin das Sorgerecht für die Kinder zu verschaffen, ist ein Tanz auf dem Drahtseil.


Wie stehen Sie zu dem Fakt, dass ihre Klientin Julian auf Grund seiner Sexualität gerne wegschicken möchte?
Das ist genau der Grund, warum ich nichts in den Sozialen Medien oder sonst wo haben will, das Rückschlüsse auf die Sexualität meiner Mitarbeiter zulässt. Es mag sich in den letzten Jahrzehnten einiges bewegt haben, doch es gibt immer noch genügend Leute, die mit Homosexualität ein Problem haben. Ich halte diese Homophobie nicht für richtig, muss sie aber zur Kenntnis nehmen und mit ihr gelassen umgehen, wenn ich in meinem Geschäft bleiben will. Anders war es mit dem, was sie Julian charakterlich unterstellt hat. Im ersten Moment war ich fassungslos, doch hätte sie auf dieser Position beharrt, hätte ich den Vertrag noch am selben Tag beendet.


Haben Sie private Schwierigkeiten bzw. wie reagieren Sie auf Homophobie und Ausländerfeindlichkeit?
Ich halte meine persönlichen Gefühle unter Verschluss und lasse mir nichts anmerken. Natürlich tut es mir weh, doch sagen diese Leute mehr über sich selbst aus als über mich. Die wirksamste Methode, ihnen zu begegnen, ist, ihnen keine Angriffsfläche zu bieten und sie ins Leere laufen zu lassen. Meine sexuelle Orientierung gebe ich nicht zu erkennen, und vor offener Ausländerfeindlichkeit schützen mich in der Regel mein Auftreten und mein gesellschaftlicher Status. Im Anzug ordnet man mich außerdem als Geschäftsmann oder als Diplomat ein und empfindet natürlichen Respekt, auch meine Sprache weist mich als Wiener und als Mitglied der gehobenen Gesellschaft aus. Einfache Migranten haben es in dieser Beziehung noch um ein Vielfaches schwerer.



Gibt es etwas in Ihrem Leben, das Sie gerne umkehren würden?

Umkehren ist nicht der richtige Ausdruck, ungeschehen machen trifft es eher. Wenn wir nach dem Abend im Club in ein Taxi gestiegen wären, statt zu Fuß nach Hause zu gehen, wäre mein Leben komplett anders verlaufen. Ich wünschte, ich hätte Tom retten können, andererseits hätte ich Julian dann niemals kennengelernt. Letztendlich sind die Dinge, wie sie sind, und man muss lernen, damit zu leben und sein Leben auf den Trümmern neu aufzubauen.


Welche Ziele und Wünsche haben Sie für Ihr weiteres Leben?

Geschäftlich gilt es zunächst, mein Unternehmen zu sanieren und die Ursache für die Schieflage herauszufinden und in den Griff zu bekommen. Meine Expansionspläne nach New York muss ich bis dahin aufschieben, doch die Absicht bleibt bestehen. Privat hoffe ich auf eine gemeinsame Zukunft mit Julian. Wir stehen am Anfang unserer Beziehung, und es warten noch genügend Hürden auf uns. Ich werde jedoch alles unternehmen, um sie zu meistern und ihm ein glückliches Leben zu bieten.


Danke für das Interview

Sehr gerne.

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