Weihnachtsfeier mit Laura
Misellie, Douphne Parker, Kai McKenzie, Ray Klevens (3.12.2018)
Heute werde ich abgeholt und zu einem geheimen
Ort gebracht, dort treffe ich auf meine Gastgeber Douphne, Kai und Ray.
»Das war ja mal eine spannende Anreise. Wo befinden
wir uns hier?«, frage ich sofort.
Kai lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen
und ergreift direkt das Wort, antwortet kurz angebunden. »Spellington.« Ihm ist
deutlich anzumerken, dass er nicht wirklich versteht, wieso an Weihnachten ein
Fremder in seinem Haus ist. Gleich fühle ich mich etwas unwohl.
»Ja«, setzt Douphne um einiges freundlicher
hinzu. »Es ist eine ruhige Vorstadt. Zur Weihnachtszeit ist es hier besonders
besinnlich.«
Kai wirft ihr sofort einen Blick zu, aus dem ich
schließen kann, dass das nicht unbedingt der Wahrheit entspricht. »Ruhig und
besinnlich? Dein Streit mit Alex genau heute vor zwei Jahren und in diesem Haus
war also besinnlich? Und was bitte war noch gleich ruhig an Spellington,
seitdem wir uns kennen?«
»Seit neuestem«, wirft Douphne deswegen gleich
ein. »In letzter Zeit ist es durchaus ruhiger und besinnlicher geworden. Das
war es eigentlich immer. Eine Zeit lang war das anders, nun ist es wieder so.«
Ray schüttelt genervt den Kopf in Kais Richtung,
als er bemerkt, dass dieser sich ins Wohnzimmer davonstiehlt. Er deutet mit
ausgestrecktem Arm an, ihm zu folgen und führt mich durch den Flur. »Das Haus
gehört Kai, aber die Jahre haben uns hier zusammengebracht und nun wohnen wir
hier alle drei.« Zufrieden sieht er im selben Moment zu seinen Freunden
herüber, dann wendet er sich mir wieder zu. »Schön, dass du die weite Fahrt auf
dich genommen hast, um mit uns zu feiern. Wir bekommen nicht viel fremden
Besuch. Vielleicht kannst du dir ja schon vorstellen, wieso.« Er zwinkert ihr
zu und deutet mit dem Kopf in Kais Richtung, der das im selben Moment zu merken
scheint und hörbar seufzt.
»Es ist ja nicht persönlich gemeint«, verteidigt
er sich. »Ich weiß nur nicht, warum wir hier sind, um aus diesem Abend eine
große Sache zu machen. Jeder weiß doch, dass ich dafür ohnehin nicht viel übrig
habe. Das ist euer Ding.«
Ich nicke zuversichtlich und beschließe
kurzerhand, ihm das zu glauben. »Wie schaffen wir es, hier Weihnachtsstimmung
aufkommen zu lassen?«
Douphne lacht leise. »Das ist gar nicht so
schwer, wie du vielleicht gerade annimmst.« Ray nickt bestätigend. »Wir
dekorieren immer erst am Weihnachtstag, aber dann kommen wir hier alle zusammen
und verwandeln das Haus in ein Weihnachtsparadies. Wir dekorieren, schmücken
den Baum, machen ein großes Essen und trinken Glühwein.«
»Ja, alle außer Kai«, setzt Ray glucksend hinzu. »Der
verknotet sogar Lametta, deswegen halten wir ihn inzwischen vom Baum fern.«
»Sagt der, der nicht mal mit Hammer und Nägeln
umgehen kann.« Kai ringt sich zu einem Grinsen durch, was mich endlich dazu
bringt, erleichtert aufzuatmen und mich nicht mehr länger fehl am Platz zu
fühlen.
Douphne blickt zwischen den beiden hin und her
und sieht zu mir herüber. »Wie du vielleicht merkst, hat hier jeder so seine
Talente. Weihnachten ist also wohl eher meines.«
Ich lache leise. »Was gehört bei euch auf jeden
Fall zu Weihnachten dazu? Bei mir ist es der Baum, Kekse und Punsch.«
»Whiskey.« Kais Antwort kommt prompt.
Douphne grinst und stößt ihn mit der Hand an. »Das
hat nichts mit Weihnachten zu tun.«
»Mit meinem schon«, widerspricht er ihr.
Ray schüttelt den Kopf. »Naja, bei mir ist ein
Muss das leckere Essen und das Zusammensein mit Leuten, die man liebt.«
»Also hat Enya für heute zugesagt?« Douphne
zwinkert ihm zu und ich kann amüsiert feststellen, dass Ray in der Tat ein
wenig rot wird. Um ihn nicht länger in Verlegenheit zu bringen, fährt sie fort.
»Ich liebe den geschmückten Baum. Der gehört einfach dazu.«
»Und Musik? Liebt ihr Weihnachtslieder auch so
sehr, wie ich? Will niemand schnell ein Liedchen anstimmen?«
Kai schüttelt den Kopf, lacht und sieht heraus in
den Garten. Douphne und Ray starren sich nachdenklich an.
»Eigentlich singen wir nicht«, antwortet Ray
dann. »Nie. Nur Caitlin unterhält uns damit. Außer ihr kann das aber auch
niemand wirklich gut, deswegen ist es wohl auch besser so.«
Das wirft gleich meine nächste Frage auf. »Feiert
ihr eigentlich gemeinsam oder sollte immer die Familie einbezogen werden?«
»Wir sind Familie«, antwortet Ray sofort.
Douphne lächelt ihn an und stimmt zu. »Wir sind
uns näher, als dem Großteil unserer Familie. Ray und Kai sind Waise, kennen
sich seit ihrer Kindheit. Kai und ich sind verheiratet. Mit meiner Mutter bin
ich zerstritten, deswegen bin ich damals hier eingezogen. Unser erstes
Weihnachten haben wir noch zu dritt gefeiert. Im nächsten Jahr kamen dann auch
unsere Freunde dazu. In diesem Jahr und wohl in allen kommenden werden wir eine
große, harmonische Runde sein. Mein Vater und mein Bruder Chris werden da sein.
Kais Cousine Caitlin und ihr Mann Luk. Unser Freund Van. Thalia, die Freundin
von meinem Bruder. Rays Freundin Enya. Unsere Freunde Isa und Jess ...«
Douphne zuckt mit den Schultern und überlegt
einen Moment nachdenklich, ob sie niemanden vergessen hat.
»Aron kommt auch«, wirft Kai ein. Um der
unausweichlichen Frage von mir zuvorzukommen, fährt er gleich fort. »Mein
Bruder.«
Das sind wirklich viele Leute und nun freue ich
mich umso mehr darauf, sie alle kennenzulernen und bei diesem Fest dabei zu
sein.
Douphne lächelt leicht. »Na ja, das ist das, was
von uns übrig ist. Es ist also eine Mischung aus beidem. Die etwas andere Art
der Familie.«
Mir kommt es so vor, dass es genauso ist, wie die
drei es haben wollen. Ich frage mich bloß noch, ob es nicht doch noch etwas
gibt, was ihnen fehlt. Etwas, das sie sich wünschen. »Wenn ihr jeder einen
Wunsch zu Weihnachten frei hättet, was wolltet ihr euch wünschen?«
»Wie wäre es mit einem Wunder?« Ray grinst. »Caitlin
ist hochschwanger. Von mir aus können wir Weihnachten dieses Jahr im Krankenhaus
feiern und alle gemeinsam das erste Baby unserer Familie willkommen heißen.«
Kai mustert ihn zuerst kritisch, dann nickt er.
Auch Douphne lächelt. Sie sind sich alle drei einig.
»Wir haben alles, was wir brauchen«, äußert
Douphne zufrieden. »Ein Zuhause, einander. Was jetzt noch fehlt, ist Caitlins
und Luks gesundes Baby.«
Mit diesen Worten endet das Gespräch. Gemeinsam
beginnen wir schließlich damit, die Vorbereitungen für den Abend zu treffen.
Schon bald treffen nach und nach all die Menschen ein, von denen Douphne mir
bereits erzählt hat. So werde ich Zeuge von Caitlins Gesangskünsten, Kais nicht
vorhandenem Talent zum Dekorieren, der ausgelassenen Stimmung beim frühen
Naschen am Glühwein zwischen Luk und Van und den eher kläglichen Versuchen von
Isa, ihrem Freund Jess das Kochen näherzubringen. Enya unterhält währenddessen
Hugh und Chris mit Geschichten über Thalia, während die mit Douphne und mir den
Baum schmückt und sich augenscheinlich alle Mühe gibt, nicht allzu finster zu
ihrer Freundin zu sehen, die sie neckt.
Der Abend verläuft in der Tat ruhig und
besinnlich. Nachdem alle zusammen gegessen haben, setzen wir uns ins Wohnzimmer
an den Tannenbaum und die Freunde verteilen Geschenke. Der Glühwein trägt den
Rest zur ausgelassenen Stimmung bei.
Als die Weihnachtsfeier sich schließlich dem Ende
zuneigt, begleiten Douphne, Kai und Ray mich zur Tür.
»Der Tag war einfach toll. Danke, dass ich bei
eurer Feier dabei sein durfte.«
»Danke, dass du da warst!«, verabschiedet Douphne
sich und sie und Ray winken mir zu, als ich mich auf den Weg zur Straße mache.
Sogar Kai lächelt leicht und hebt zum Abschied kurz die Hand.
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