Herzlich
Willkommen zur heutigen Weihnachtsfeier. Ich darf heute bei mir Julian Melnik,
Alexander Merahwi und Riccardo Visconti Marchese della Motta in Bad Ischl begrüßen.
Ich will ihnen meine Heimatstadt und den Adventmarkt zeigen.
(Ich stehe auf dem Parkplatz, nahe der Kaiservilla, der von mir
gemietete Pferdeschlitten steht bereit. Der Atem der Pferde steigt weiß auf. Scheinwerfer
signalisieren mir, dass ein Auto sich dem Parkplatz nähert. Schon etliche sind
gekommen, und bei jedem habe ich aufgemerkt, aber dieses hier könnte tatsächlich
ein BMW sein. Und wirklich, der silberne Wagen hat nicht nur ein Wiener
Kennzeichen, sondern auch ein Stoffdach, das bei dieser Kälte natürlich
geschlossen ist. Neugierig gehe ich dem gerade einparkenden Wagen entgegen. Ist
es mein Besuch? Zumindest steigen schon einmal zwei Männer aus. Der ältere der
beiden, der den Wagen auch gefahren hat, kommt auf mich zu und reicht mir die
Hand.
MERAHWI: Frau
Stadler! Wir haben uns eine ganze Weile nicht gesehen. Danke für die Einladung.
JULIAN: Ja, das
ist echt super von dir. Ich war noch nie in Bad Ischl.
CLAUDIA: Hallo!
Es freut mich, dass ihr meiner Einladung nachgekommen seid. Ich habe auch schon
etwas vorbereitet. Folgt mir!
Julian: Ist der Marchese schon da?
Claudia: (Ich
gehe Richtung Pferdeschlitten und streichle den Pferden über die Nüstern.) Ja, er befindet sich schon in Bad Ischl. Aber das hier ist meine
Überraschung für euch, ich hoffe es gefällt euch. Kommt!
Julian: Oh cool, ich bin noch nie mit einem Pferdeschlitten
gefahren! Nicht einmal mit einer Kutsche!
MERAHWI: Auch nicht mit einem Fiaker?
Julian: Hast du eine Ahnung, was das kostet?
Claudia: Hmm. Ja, aus eigener Erfahrung, weiß ich, dass das
eine Stange Geld kostet. Aber jeden Cent wert!
Julian: Du bist schon mal Fiaker gefahren? Darf ich schon
einsteigen?
Claudia: Julian, sieht so aus, als ob dir diese Überraschung
gefallen würde? Steig ein, mach's dir gemütlich. Ich werde am Kutschbock Platz
nehmen und euch ein wenig führen.
MERAHWI: Sie können ein Pferdegespann lenken?
Alle Achtung.
Julian: (Julian
steigt schon ein und macht es sich begeistert bequem.) Komm zu mir, Sandro, das musst du dir geben! Das ist Romantik pur!
Claudia: Na ja, ich habe ja auch ein bisschen Hilfe, Hoffe
ich. (Meine Augen flitzen nach
links und nach rechts, als ich ganz hinten auf der Zufahrt zur Kaiservilla eine
Schneewolke sehe)
Merahwi klettert hinter Julian in den Schlitten, zögert kurz und legt
dann doch den Arm um Julians Schulter. Julian kuschelt sich an ihn. Ich grinse
und beobachte die immer näher kommende Gestalt. Die Pferdehufe klingen dumpf
auf dem Schnee, aber der Takt ist sehr schnell. Ein schlanker Herr sprengt im
Galopp auf den Parkplatz, die langen Schöße seines Reitmantels wehen hinter ihm
her. Er bringt das Pferd exakt neben uns zum Stehen und neigt leicht den Kopf,
der von einem Dreispitz bedeckt wird.
MARCHESE: Frau Stadler! Es ist mir immer wieder eine Freude,
Ihnen zu begegnen.
Claudia: Marchese, es freut mich Sie endlich wieder einmal
zu sehen. Das letzte Mal ist einfach schon zu lange her. Danke, dass Sie uns
heute etwas Gesellschaft leisten. Darf ich Ihnen meinen Besuch aus Wien
vorstellen? Alexander
Merahwi und Julian
Melnik.
MARCHESE: Die Herren sind auch hier? Das hatten sie mir gar
nicht gesagt.
Julian: Weil Sie auch immer nur alle heiligen Zeiten in
Ihren Facebook-Chat schauen!
Claudia: Die Herren kennen sich? Ja, das mit den Chats ist
so eine Sache. Entweder man ist zu oft drinnen oder zu selten. Darf ich Euch
jetzt zu einer weihnachtlichen Schlittenfahrt einladen?
MARCHESE: Mit dem größten Vergnügen. Lassen Sie mich nur mein
Tier hinten anbinden, bis ich es irgendwo einstellen oder zumindest anpflocken
kann. Auch wenn es die Kälte eindeutig mehr mag als ich, sollte es nicht
stundenlang zum Stillstehen verurteilt sein. (Ich deute mit einem Lächeln an den Marchese auf die Zügel, er zwinkert
mir zu.) Ich soll fahren? Wenn Sie es wünschen. (Behände schwingt er sich auf den
Kutschbock.)
Claudia: Ja, bitte, dann kann ich mich mehr auf die
Erklärungen konzentrieren.
Julian: Oh, oh, und aus ist es mit der Romantik! Claudia,
hast du vergessen, wie der Marchese Kutschen lenkt?
MERAHWI: So schlimm wird es schon nicht werden.
Julian: Na für dich nicht. Du fährst ja auch Auto wie ein
Kamikaze.
Claudia:(Ich
sehe entsetzt nun zwischen Julian
und dem
Marchese hin und her, denn ganz dunkel kann ich mich noch an die letzte
Kutschenfahrt erinnern) Marchese? Bitte dieses Mal gemächlich, wir müssen keinen Preis gewinnen, wer als
erstes am Ziel ist.
(Der Marchese lässt ein dunkles, belustigtes Lachen hören und nimmt die
Zügel mit einer Hand auf. So lässig wie er da sitzt, scheint er es ziemlich
gemütlich zu nehmen. Die Kälte dürfte ihm weniger behagen, obwohl er Handschuhe
aus feinstem Ziegenleder trägt und seine Reitstiefel ihm bis zu den Knien
reichen. Er schlägt den obersten Mantelkragen hoch.)
MARCHESE: Wohin
soll es gehen?
Claudia: Als erstes Richtung Kur- und Kongresshaus bitte.
Hier nach rechts und immer die Straße entlang.
(Er lässt die Pferde in einem leichten Trab laufen. Die Peitsche
verwendet er kaum, nur für hauchzarte Berührungen.)
Claudia: Hier links seht ihr das Lehártheater, das auch der
Kaiser des Öfteren in seiner Sommerfrische besuchte, und die Straße hier führt
zu unserer Stadtpfarrkirche.
MERAHWI: Gibt es
noch Spuren von Katharina Schratt?
Claudia: (etwas
irritiert von der Frage drehe ich mich zu ihm um.) Ja, die gibt es tatsächlich noch. Etwas außerhalb gibt es die
Schrattvilla und hier die Straße rein, gibt es eine Tafel mit ihrer Silhouette,
wo das Wichtigste erklärt wird. Wenn ihr wollt, können wir da nachher gerne
noch hin spazieren. Aber in Bad Ischl gibt es noch viele interessante Spuren
von bekannten Persönlichkeiten. Dr. Wirer, Lehár, viele Künstler und Musiker
haben ihre Spuren in Bad Ischl hinterlassen.
MERAHWI: Welche Künstler?
(Voller Motivation beginne ich die Namen Anton Bruckner, Johannes
Brahms, Franz Lehàr, Richard Tauber, Hans Moser und Alexander Girardi aufzuzählen,
als mich Julian unterbricht.)
Julian: Bei Künstlern dachtest du an Maler, stimmt's?
MERAHWI: Richtig. Obwohl ich nicht wusste, dass
so viele Musiker hier waren.
Claudia: (mich
über mich selbst wundernd, dass ich nur Musiker und Schauspieler genannt habe,
sehe ich meine Gäste noch einmal an) ja, stimmt. Da
war ich jetzt gerade wieder auf der falschen Fährte. Entschuldigt, bitte. (lacht) Aber wir haben natürlich auch Maler. Thomas Ender, Jakob von Alt,
Rudolf von Alt, Ferdinand Georg Waldmüller, Peter Fendi, Johann Fischbach,
Friedrich Gauermann, August von Pettenkofen, Ghezy um nur einige zu nennen. Ja,
Bad Ischl war einmal die Hochburg der Darstellenden Künste. Auch jetzt verirren
sich noch immer Schauspieler zu uns nach Bad Ischl, um die Ehre des
Nestroyrings entgegen zu nehmen. Der letzte Künstler, der ihn erhalten hat, ist
Herbert Föttinger.
Julian: Der Nestroyring wird in Bad Ischl verliehen?
(Der Marchese schmunzelt die ganze Zeit vor sich hin. Die Künstler, egal
aus welcher Sparte, lebten erst nach seiner Zeit.)
Claudia: Ja, jedes Jahr von 2005 weg. Ach, Marchese, wir
vergessen Sie ja die ganze Zeit, aber jetzt wirklich in den Park und dort
hinten. Dort werden wir einmal ein bisschen durch den Weihnachtsmarkt fahren.
Vielleicht finden wir ja was, was uns interessiert. Holzknechtnocken probieren
oder Maroni holen. Dann möchte ich mit euch zum Punschstand, denn heute gibt es
wieder den überaus leckeren Captain-Morgan-Punsch. (Am Ende der Straße angelangt) Hier bitte nach
links und in den Park hinein.
Julian: Was bitteschön sind Holzknechtnocken?
Claudia: Eine leckere Speise, zwar sehr fett, aber zum
Niederknien gut. In Butterschmalz herausgebacken. Eine Spezialität im
Salzkammergut.
JULIA: Kommt das von Nockerln?
Claudia: Gute Frage. Aber ich glaube eher nicht. Es sind
runde Teigteile, die man dann in Butterschmalz herausbackt, meist mit hohen
Flammen verknüpft. Ich hoffe, ihr vertragt fettiges Essen?
MARCHESE: Zu meiner Zeit war das Essen ohnehin deftiger.
Claudia: Dann wird es hervorragend munden.
MERAHWI: Sie mussten sich ja auch viel mehr
bewegen. Für mich bedeutet es wieder Extrarunden im Park.
Claudia: Einmal im Jahr darf man über die Stränge schlagen,
oder?
MERAHWI: (Schmunzelt) Oh, ich schlage durchaus mehrere Male im Jahr über
die Stränge. Ich esse viel zu gerne.
Claudia: (betrachtet
ihn von oben nach unten) Davon merkt man aber
nichts. Ich muss da bei jedem Bissen aufpassen. Julian, wie sieht das bei dir
aus? Oder trainiert ihr dann gemeinsam?
Julian: Ich kann ordentlich futtern. Wir gehen gemeinsam
laufen, wenn ich bei Sandro in der Villa übernachte. Aber sonst trainiere ich
im Fitnessstudio, und er geht schwimmen.
Claudia: Dann wartet mal, ich hole jedem von uns schnell zwei
solcher Salzkammergutspezialitäten.
(Der Marchese hält den Schlitten an, ich klettere hinab und gebe die
Bestellung auf. Die Gäste sehen begeistert bei der Zubereitung zu. Eine
Stichflamme steigt über der großen Pfanne auf, die Pferde werden nervös, doch
der Marchese hat sie sofort wieder unter Kontrolle. Ich gehe mit acht Nocken zurück
zum Schlitten und reiche jedem einen Pappteller.)
MARCHESE: Hervorragend! Und das ist eine Spezialität Ihrer
Region?
Claudia: Ja, eine echte, traditionelle Speise des
Salzkammergutes. Nirgends wird sie so gemacht wie hier.
Julian: Nockerln sind das schon mal keine. Aber gut! (Leckt sich über die Lippen. Ich
freue mich, dass die Idee doch ziemlich gut ankommt, wobei Alexander Merahwi wahrscheinlich schon Kalorien zählt und überlegt, wie viele Runden er
morgen laufen muss.)
Julian: Ich bin ja der volle Schokoladentyp. Im Advent kann
ich mich in Keksen eingraben.
Claudia: Wir haben eine Lebkuchenmanufaktur in Bad Ischl.
Habt ihr Lust, oder wollt ihr eher auf einen Punsch gehen?
Julian: Ihr habt hier eine Lebkuchenmanufaktur? Und da tun die Nürnberger immer so, als ob sie
den Lebkuchen gepachtet hätten!
MARCHESE: (Reibt
sich fröstelnd die Arme.) Ich plädiere für den
Punsch.
Claudia: Die Frage ist jetzt, mit Alkohol, oder ohne? Der
Kinderpunsch ist ausgezeichnet, aber auch der Captain-Morgan-Punsch ist so
lecker.
Julian: Was ist in diesem Captain-Morgan-Ding drin?
Claudia: Ein guter Schuss
vom Captain Morgan
Julian: Rum?
Claudia: Ja. Bei keiner ordentlichen Grundlage ist er meist
nicht zu empfehlen, aber wir haben ja gut vorgesorgt.
MERAHWI: Ein sehr guter Schuss demnach? Dann
koste ich nur bei Julian, schließlich muss ich noch Autofahren.
MARCHESE: Da offensichtlich kein Gewürzwein zu haben ist,
gebe ich diesem Captain die Ehre.
Claudia: Bitte dort vorne dann bei dem länglichen weißen
Gebäude stehen bleiben. Das ist die Pfarrgasse, da sehen wir dann die K. u. K.
Hofbäckerei Zauner, und das Gebäude, vor dem wir stehen bleiben, ist die
Trinkhalle.
Julian: Der Zauner! Da müssen wir auch unbedingt rein!
Claudia: Ja, der Zauner, wäre auch was für dich. Vielleicht
geht es sich ja noch aus, bevor ihr nach Hause fahrt?
Kaum ist der Schlitten zum Stillstand gekommen, klettere ich wieder
hinab, besorge den Captain-Morgan-Punsch und den Kinderpunsch für mich und Merahwi.
Gerade noch rechtzeitig ist mir eingefallen, dass auch ich mit dem Auto
unterwegs bin.)
MERAHWI: (Hebt seinen Becher.) Auf diesen
Abend! Und auf unsere Gastgeberin!
Julian: (Kostet) Bist du deppert, der fährt rein!
Julian: Und da trinkst du das Tschopperlwasser?
Claudia: Sonst schieß ich mich noch ab und ich kann zu Fuß
nach Hause gehen.
Julian: Ach, du bist auch mit dem Auto da? Du kannst ja von
mir kosten. (Hält
mir den Becher hin.) Ist eh viel gescheiter. Ein Besäufnis mach' ich
auch nie.
Claudia: (Grinst) Das sagst du mir jetzt? (nimmt
den Becher und kostet) Puh, da haben sie wohl heute
den Tee vergessen.
MERAHWI: Lass mich einmal probieren. –
Allerdings, das ist ja fast nur Rum.
MARCHESE: (Kostet
ebenfalls, lacht amüsiert und erklärt) Dem sollten wir
Abhilfe schaffen.
Claudia: Ich glaube, wenn du das alleine trinkst, wird das
eine lustige Heimfahrt (grinst) Vielleicht solltet ihr doch noch zum Zauner schauen und die Sachertorte
oder den Zaunerstollen probieren. (sieht
zum Marchese) Was soll man denn da machen?
MARCHESE: Mischen. Was sonst? Aber diesmal gehe ich. (Er springt vom Schlitten und kommt
mit vier Häferln zurück, die nur zu zwei Drittel mit Kinderpunsch gefüllt
sind.)
Julian: (Betätigt
sich als Barkeeper und schmeckt den Kinderpunsch mit der Captain-Morgan-Bombe
ab.) Aber jetzt mal ernsthaft, Sachertorten futtere ich
in Wien. Was ist in dem Zaunerstollen?
Claudia: Gute Idee! (belustigt über den ernsten Einwurf über die Sachertorte beginne ich zu
erzählen) Also, der Zaunerstollen wird wohl das Beste sein,
was du jemals essen wirst. Eine Schokoladenbombe, mit einem Geschmackserlebnis.
Meist isst man ihn an einem Stück auf.
Julian: Schoko? Her damit!
Claudia: Dann kommt. Ich sollte aber auch sagen, dass du ihn
auch als Igel oder als Bärchen bekommen kannst.
Julian: Auch als Kater?
Claudia: Vielleicht, wenn du extra anfrägst. Warum nicht?
MERAHWI: Was machen wir mit dem Schlitten?
Claudia: Ich kenne den Mann dort vorne, der passt uns
schnell darauf auf. Geht schon mal vor, ich drück meinem Vater nur schnell die
Zügel in die Hand.
Julian: Das ist dein Papa?
Claudia: Ja, er muss auch immer mal schauen, was so los ist
in Bad Ischl, und er ist neugierig, mit wem seine Große so die Freizeit
verbringt.
MERAHWI: Dann
bring ihm doch ein Häferl Punsch mit. Wir leeren unsere Captain-Morgan-Reste
zusammen und füllen es mit dem Kinderpunsch auf.
Claudia: Gute Idee, dann kann er sich aufwärmen. (Ich schnappe mir den Punsch und
bringe ihn mitsamt der Kutsche zu meinem Papa, der sich wieder einmal freut mit
Pferden zu tun zu haben. Dann drehe ich mich um und eile wieder zu meinen
Gästen.)
(Der Marchese hält mir die Tür auf. Sofort umspielt uns das kaiserliche
Flair des Zauners. Eine traditionell angezogene Servierkraft führt uns zu einem
Platz und lässt uns in Ruhe die Stimmung aufnehmen. Wandhohe Gemälde von Sissy
und Kaiser Franz Joseph prangen an der Wand.)
Julian: Wieso hängt hier die Sissi, wenn er mit der Schratt
ein Techtelmechtel hatte?
MERAHWI: Weil
man nicht jede Liebschaft öffentlich machen kann.
Julian: Sind wir wieder mal beim Thema.
Claudia: Weil auch Sissi hier ihren Platz gehabt hat. Reiten
rund um den Jainzen, spazieren gehen. Hier ist vieles möglich. Und ja, zu
Liebschaften stehen ist so ein Thema, oder sehe ich das falsch, meine Herren? (Ich blicke alle drei durchdringend
an)
MARCHESe: (Mit
entwaffnender Miene) Ich habe damit kein Problem.
Julian: Ich auch nicht. Der Geheimniskrämer sitzt links von
mir.
Claudia: Hmm. Na dann bestellen wir mal und schauen, wohin
uns der Abend noch bringt. Vielleicht fängt ja noch jemand zu reden an.
Julian: Wieso fängt sich der Kaiser eigentlich was mit der
Schratt an, wenn er so eine schöne Frau hat?
MARCHESE: Vielleicht war seine Mätresse ja ebenfalls schön?
Claudia: Das Problem war glaube ich, dass sie sich nicht als
schön empfunden hat und alles Erdenkliche gemacht hat, um ihrem Ideal zu
entsprechen, was völlig irrsinnig ist. Aber das soll's geben.
MERAHWI: Als schön würde ich die Schratt
außerdem nicht bezeichnen.
Julian: Wie meinst du, sie hat sich nicht als schön
empfunden? Was hat sie denn gemacht?
Claudia: Sie hat sich dann dem Fitnesswahn verschrieben … Dünn
sein um jeden Preis …
Julian: Und das ist schlecht? Für seinen Body muss man
schon etwas tun.
Claudia: Fitnesswahn? Nein, wenn er in Maßen gemacht wird, habe
ich nichts dagegen.
MARCHESE: Ich halte das für eine sehr merkwürdige Erscheinung
Ihrer Zeit.
Claudia: Da geb ich Ihnen recht. Aber ward ihr schon mal in
der Kaiservilla? Ein eigener Raum, nur mit Trainingsgeräten. Die Küche musste
ausgelagert werden, weil sie die Gerüche nicht ertrug, liegt sogar unterhalb
der Villa und nur durch einen Verbindungsgang konnten die Speisen in das
Gebäude gebracht werden.
Julian: Okay, das ist extrem.
Claudia: Also kommt, essen wir ein gutes Stück Torte oder
einen Zaunerstollen. Wann müsst ihr eigentlich wieder zurück, oder
bleibt ihr noch über Nacht?
MARCHESE: Ich habe hier ein Quartier bezogen.
MERAHWI: Wir haben ebenfalls ein Zimmer
gebucht.
Julian: Echt, haben wir? Ich nehme diesen schokobombigen
Zaunerstollen.
Claudia: Dann kann ich euch für morgen ja noch ein paar
Tipps geben und für heute lassen wir unseren Tag in Ruhe ausklingen? Wenn ihr
wollt, kann ich euch auch morgen noch ein wenig herumführen.
MERAHWI: Das wäre sehr schön.
Julian: Ich will unbedingt in die Schrattvilla. Ich stehe
auf Lovestorys.
MERAHWI: Ich dachte, du stehst auf Heldenepen
und Spionagethriller?
Julian: Das auch.
Claudia: Ja, dann gehen wir aber auch ins Hotel Austria und
die Geschichte der Salzprinzen ansehen. Ich frage den Besitzer, ob wir in die
Schrattvilla reindürfen. Ab und zu ist noch das Restaurant offen, vielleicht
haben wir Glück.
MARCHESE: Welche Salzprinzen?
Claudia: Da gab es die Legende, dass die Habsburger keine
Kinder mehr bekamen und deshalb anfingen, in Ischl auf Kur zu gehen. Dr. Wirer
schaffte es innerhalb kürzester Zeit, der Habsburgerfamilie zu helfen, und die drei
Salzprinzen waren innerhalb weniger Jahre geboren und die weitere Existenz der
Familie war gesichert.
MARCHESE: (In
den Augen des Marchese funkelt es belustigt.) Ich frage mich gerade, ob es an Bad Ischl lag, oder ob dieser Doktor
Wirer andere Methoden hatte.
Claudia: Ja, die Macht des
Salzes heißt es offiziell.
MARCHESE: Offiziell.
Claudia: Ja, man kann doch nicht mit solchen Gerüchten
hausieren gehen.
Julian: Dann sind
die letzten Habsburger eigentlich Wirers?
Claudia: (lacht laut auf) Auf die Idee bin ich ja noch nie gekommen. Meine Güte, ihr seid mir ja
welche.
Julian: Der Marchese hat damit angefangen!
Claudia: und was lernen wir daraus... Gerüchte entstehen schneller, als man
Salzprinz sagen kann.
MARCHESE: Oder Salzprinzen zeu...
MERAHWI: Sagen Sie es nicht!
Claudia: Lasst diese Gerüchte ja nicht die Falschen hören.
Da könnten wir Probleme bekommen.
MARCHESE: Sind die Habsburger nicht in Ihrer Zeit längst
entmachtet?
Claudia: Ja, aber da hinten sitzt zum Beispiel ein direkter
Nachfahre der Habsburger, wenn der das hört, holla die Waldfee.
MARCHESE: (Lässt
ein spöttisches Lächeln um seine Mundwinkel spielen.) Fordert er mich dann zum Duell?
MERAHWI: Ja, aber nicht mit dem Degen, sondern
vor Gericht.
Claudia: Genau. Diese
Gefahr besteht. Zumal er als Nicht-Habsburger sein Wohnrecht in der Kaiservilla
verlieren würde.
MARCHESE: Gerüchte
sind allgegenwärtig an einem Hof, doch Sie haben recht. Wir sollten nur dann
selbst welche in Umlauf setzen, wenn es unserer Sache dient.
Claudia: Das stimmt. Ich glaube, schön langsam wird es an der
Zeit, dass wir unsere Betten aufsuchen. Meldet ihr euch morgen und dann
erkunden wir die Geschichte von vorne.
Julian: Bist du schon müde?
MERAHWI: Nicht jeder hat solch unerschöpfliche
Energien wie du, Gattino.
Claudia: Ach, aber morgen ist ein anstrengender Tag, wenn
wir alles schaffen wollen.
Julian: Wann treffen wir uns denn? Um neun?
MERAHWI: Das kommt nicht infrage. Und diesmal
weckst du mich nicht um acht auf.
Claudia: Gleich um neun Uhr würde gut passen. Übrigens gibt es auch ein tolles Thermalbad,
wo man einfach nur die Seele baumeln lassen kann.
MARCHESE: Um neun Uhr? Machen Sie Scherze?
Julian: Das ist ein Deal.
Claudia: Das klingt super. Hoffe, damit können alle gut
leben?
(Die Kellnerin kommt an den Tisch und will ihn endlich abräumen, denn
irgendwie ist die Sperrstunde schneller gekommen, als gedacht. Der Marchese
übernimmt die Rechnung, und Merahwi lässt sich an der Theke noch eine Auswahl
an Torten und Mehlspeisen einpacken. Vor allem Zaunerstollen für Julian.)
Claudia: Danke!
(Die Kellnerin sieht den Marchese mit einem eindeutigen Blick an,
während ich noch meine Gäste beobachte, wie sie Torten und Süßigkeiten
besorgen.)
Julian: (Stupst
mich an und flüstert mir zu) Meinst du, will
da jemand kleine della Mottas in die Welt setzen?
Claudia: (ich
nicke) Scheint so.
MARCHESE: (Lächelt
die Kellnerin freundlich an, geht aber nicht auf ihre Avancen ein)
Julian: Vergeblich
gebaggert
Claudia: (flüstert
zu Julian) Da hätte ich jetzt mein ganzes Geld darauf
verwettet, aber irgendwie war sie wohl zu offensiv. Schau, wie sie traurig
schaut.
Julian: Die hat die Bücher nicht gelesen. Sonst wüsste sie,
dass er jagen will und nicht einfach nimmt, was ihm über den Weg läuft.
Claudia: Vielleicht hätte man ihr einen Tipp geben sollen.
Aber sie wird es überleben.
Julian: Schön blöd, dass er nicht schwul ist.
Claudia: Sag bloß, er fällt in dein Beuteschema?
Julian: Na hör mal,
schwarze Haare und Held noch dazu? Träumen
darf man ja wohl.
Claudia: Stimmt. Aber nicht zu offensichtlich flirten. Da
kommt dein Schatz wieder zurück.
Julian: Sandro weiß eh, dass ich für den Marchese schwärme
und er findet das süß. Aber auch nur, weil er genau weiß, dass ich keine Chance
habe.
Claudia: Ja. Das ist gut, wenn man immer offen zueinander
ist. Verhindert viele Probleme.
Julian: Oh weh. Ganz schlechtes Thema.
Claudia: Ja, für solche Themen habe ich immer ein Händchen
Aber ich will ja jetzt keinen Streit auslösen
Aber ich will ja jetzt keinen Streit auslösen
Julian: Außerdem will ich herausfinden, wo wir übernachten.
Er hat sicher ein ganz schickes Hotel gebucht.
Claudia: Ja, genau und dann schreibst du mir, wo ihr euch
rumtreibt und ich hole dich ab.
Claudia: (wir
nehmen unsere Leckereien und verlassen den Zauner. Wieder beim Schlitten angekommen,
nehmen wir darauf Platz. Julian
und Sandro kuscheln sich wie selbstverständlich wieder aneinander, der
Marchese nimmt die Zügel in die Hand und bringt uns zu unserem Ausgangspunkt,
dem Parkplatz.) Es hat mir so wahnsinnig viel Spaß gemacht, euch
alle drei wieder einmal zu treffen. Julian, du vergisst nicht, dass du mich
morgen anrufst und ihr beiden meldet euch, wenn ihr ausgeschlafen habt. Ein
straffes Kulturprogramm wartet. (grinst)
Julian: Wird gemacht, Süße! (Küsst mich auf beide Wangen)
MERAHWI: Auf Kultur freue ich mich immer. Es
war ein schöner Abend, danke!
MARCHESE: (Springt
vom Kutschbock herunter.) Wie immer habe ich Ihre
Gesellschaft sehr genossen. Auch von mir verbindlichsten Dank für diesen Abend.
Claudia: Bis morgen! Danke, dass ihr den Abend mit mir
verbracht habt. Ich freue mich auf unser Wellness- und
Kulturprogramm morgen.
(winkt und verschwindet zu ihrem schwarzen Dacia)
(winkt und verschwindet zu ihrem schwarzen Dacia)
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