Buchvorstellung einmal anders
Heute treffe ich mich mit der Autorin Claudia Giesdorf, um mit ihr über ihr Buch „Seelenschnitte“ zu sprechen.
Hallo, danke, dass du heute Zeit hast, um mit mir über dein Buch zu sprechen.
Danke, dass ich bei dir sein darf.Beschreibe uns dein Buch in max. 5 Sätzen.
Uff. Es ist düster und dunkel und beklemmend, aber wenn man sich auf Victoria einlässt, wenn man bereit ist, ihr zu folgen, führt sie einen durch die tiefste Dunkelheit ins Licht. In Seelenschnitte geht es um das, was unter vielen, vielen Schichten in uns schlummert und uns leitet. Es geht um Vergangenes und die eigene Stärke. Und in a Nutshell geht es um einen Traum, den ich einmal hatte, nämlich, dass mein Mann vor mir stand, und mir sagte, dass er nicht wisse, wo unsere Tochter ist. Diese Angst hat mich so fest in ihren Fängen gehabt, dass ich sie mir von der Seele schreiben musste.In deinem Buch passiert ja so einiges. Fällt es dir leichter deine Charaktere durch leichte oder durch schwere/düstere/emotionale Situationen zu führen?
Seelenschnitte ist so speziell. Ich habe das Buch in einer Zeit geschrieben, in der ich selbst emotional ganz unten war. Depressive Verstimmungen haben mich immer wieder alles ganz dunkel und düster sehen lassen. Ich bin in Victoria hineingeschlüpft und Victoria in mich. Wir waren in der Schreibzeit eine Person, die man nicht auseinanderziehen konnte. Ich habe Victoria durch diese Zeit geführt und sie mich. Wir haben uns gegenseitig Halt gegeben. Mehr als jede andere Protagonistin war ich sie. Leichtere Szenen sind natürlich leichter zu schreiben, aber die tiefen, schweren rütteln bringen mir auch immer ein bisschen über mich selbst bei.Hast du eine Lieblingsstelle, die du uns gerne vorstellen würdest?
Ja! Victoria hat eine schlimme Jugend hinter sich, in der sie immer wieder schwere Episoden von Selbstverletzendem Verhalten durchmachen musste. Da sie keinen Anschluss an ihre Altersgenossen findet, flüchtet sie sich in die Welt der Bücher. In dieser Szene sitzt sie in ihrem Zimmer und betrachtet die im Zimmer verteilten Stapel:
Bücher, deren Inhalt ich zur Genüge kenne, stapeln sich in den Zimmerecken und um mein Bett herum. Ich besitze kein Regal für sie, denn die Welten in Büchern entstehen aus dem Nichts und münden darin. Sie haben keinen Anfang und kein Ende, wir erleben immer nur einen Teil davon, einen winzigen Ausschnitt. Kein Schicksal darin verläuft gradlinig aneinandergereiht, warum sollte ich sie in eine Ordnung zwängen? Die Gedanken der Autoren schweben in meinem Zimmer herum, ich lebe in düsteren Welten, funkelnden Dimensionen, schillernden Märchen, tragischen Schicksalen und nervenaufreibender Spannung. Um mich herum wirbeln Freude, Tod, Mut, Abenteuer und Leichtsinn. Ich tauche ein, schwimme darin, und tauche wieder auf.
Wie viel echte Claudia ist in dem Buch oder dem ein oder anderen Charakter versteckt?
Claudia ist immer in meinen Büchern drin. Als ich das erste Buch geschrieben habe, war meine Protagonistin Künstlerin und ich steckte mitten in meinem Studium der Klassischen Archäologie. Während des zweiten Buches absolvierte ich mein Praktikum in einem Museum und Sarah war Museumskuratorin. Luisa ist eine starke Powerfrau, eine, die sich nicht unterkriegen lässt und für sich einsteht, wenn sie es muss. Victoria ist mein Herz und meine Seele. Helena, aus meinem neuen Buch ist jener Teil, den man aktivieren muss, wenn man aufstehen muss.
Wie würden dich deine Charaktere beschreiben?
Hah! Geniale Frage! Als jemand, der ihnen zuhört, der willens ist, 40 Seiten Manuskript zu löschen, weil ich sie nicht richtig eingeschätzt habe. Jemand, der unfassbar oft aus dem Fenster schaut und in Bezug auf Süßigkeiten wenig diszipliniert ist.
Mich würde noch dein Lieblingszitat interessieren.
Hier redet Victoria über ihren Mann: Er war Ruhe, wenn ich Chaos war, er war Kraft, wenn Schwäche mich mitriss, er war Liebe, wenn ich Dunkelheit war. Er war alles, was ich nicht war.
Danke für das Gespräch.
Ich danke auch.
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