Protagonisteninterview mit Oberst Murnau
Ich treffe
mich heute mit Oberst Murnau in seinem Amtszimmer. Das Zimmer ist sehr groß und
ich erblicke sofort ein großes Bild einer Schlacht und eine Karte, wo
anscheinend die Stellungen des Militärs mit Zinnsoldaten markiert sind. Auch
eine Waffe liegt hier bereit, auch um sie zu verwenden?
Grüß
Gott, Oberst Murnau, es ist mir eine Ehre Sie persönlich kennen zu lernen.
Der
Oberst knallt die Hacken zusammen und steht sehr aufrecht. Auf dem Exerzierplatz
ist er bestimmt in seinem Element, aber wie er mit Damenbesuch umgehen soll,
weiß er nicht so recht. Er öffnet und schließt die Faust ständig, als ob er die
Luft neben seinem Bein kneten wolle.
Ja,
also Grüß Gott. Wollen Sie sich vielleicht setzen?
Er
deutet auf einen Stuhl, bleibt einen Augenblick stehen und setzt sich dann
auch.
Sind Sie auch aus Bayern? Ich habe diesen Gruß schon lange nicht gehört.
Sind Sie auch aus Bayern? Ich habe diesen Gruß schon lange nicht gehört.
Ich
weiß es zu schätzen, dass sie mir ihre kostbare Zeit zur Verfügung stellen.
Ja, ja.
Bitte keine unnötigen Floskeln, ich muss heute noch eine Festung inspizieren
und mit wichtigen Lieferanten reden.
Mir
fällt sofort dieses Gemälde auf, was sieht man denn darauf bzw. warum hängt bei
Ihnen ein Bild einer Schlacht?
Das?
Das ist die Schlacht von Kunersdorf, aus dem Siebenjährigen Krieg. Mein Bruder
kämpfte dort, ich war leider noch zu jung. Er ist ein Kriegsheld und
seinetwegen schlug ich die militärische Laufbahn ein.
Vor
kurzem lernte ich Riccardo Visconti Marchese della Motta kennen, der wäre vermutlich
begeistert von dieser Karte und würde die Hände nicht von dieser Waffe lassen
können. Haben Sie ihn schon kennengelernt?
Sagen
Sie nicht, dass auch Sie auf ihn hereinfallen. Was haben die Frauen immer mit
diesem Kerl? Er schläft sich durch alle Betten und lässt die Damen dann sitzen.
Nehmen Sie sich in Acht vor ihm! Auf ihn ist sogar die Gräfin hereingefallen,
trotz ihrer Klugheit.
Das
klingt ziemlich verbittert.
Da
haben Sie vollkommen recht. Fast zwei Jahre machte ich der Gräfin den Hof, dann
taucht er auf und erobert sie im Sturm. Obwohl er sich zwei Jahre nicht blicken
hat lassen, nicht einmal eine Zeile hatte er ihr geschrieben! Was ist das für
ein Halunke?
Sie
hatten also Absichten bei der Gräfin?
Ich bin
nicht sehr geschickt mit Frauen, ich kann nicht über Putz und Albernheiten
reden. Aber ich bin ein ehrbarer, redlicher Mann, und die Gräfin ist eine
kluge, besonnene Frau. Wir würden gut zusammenpassen.
Sie
ist die Vertraute der Fürstin, Sie der des Fürstgemahls. Wie stehen Sie dazu,
dass die Gräfin sich in die Tagespolitik mischt?
Für
eine Frau ist das sehr ungewöhnlich, doch ich dulde es, weil sie vernünftige
Ansichten hat. Nur die Notwendigkeit, das Heer aufzurüsten, will ihr leider
nicht einleuchten.
Woher
kommt Ihr Vertrauensverhältnis mit dem Fürsten?
Wir
besuchten dieselbe Militärakademie und waren Waffengefährten. Das schmiedet
zusammen. Er übertrug mir die Oberbefehlsgewalt für das Heer in seinem
Fürstentum, weil er wusste, dass er mir vertrauen kann.
Können
Sie sich den Marchese beim Militär vorstellen?
Nicht
einmal im gegnerischen Heer. Er versteht etwas von Strategie, aber in die
Hierarchien und Strukturen eines Heers würde er sich nie einordnen.
Sie
haben meine Frage nach der Karte und dem Säbel noch nicht beantwortet. Würden
sie ihm gefallen?
Für die
Karte zeigte er beiläufiges Interesse, ebenso für das Bild. Er ist sehr schwer
zu durchschauen. Den Säbel nahm er tatsächlich in die Hand. Er erkennt eine
gute Waffe, das muss man ihm lassen.
Würden
Sie sich mit ihm duellieren?
Warum
nicht? Ich bin Soldat, ich kann mit der Waffe umgehen. Nur ein Feigling drückt
sich vor einem Duell.
Dann
wollen wir hoffen, dass es nie zu einem Ehrenhandel zwischen Ihnen beiden
kommt. Wie sehen ihre Pläne für die Zukunft aus, Oberst Murnau? Haben sie Ziele
oder Wünsche, welche Sie unbedingt erreichen wollen?
Ich
gebe die Hoffnung um die Hand der Gräfin nicht auf, irgendwann wird della Motta
sie wieder verlassen, und dann bin ich da. Beruflich will ich das Heer auf
einen modernen, schlagkräftigen Stand bringen, und der Schutz der
Fürstenfamilie ist mein oberstes Anliegen. Dem muss ich mich jetzt übrigens
widmen. Wenn Sie also keine weiteren Fragen haben, der Büchsenmacher wartet
bereits.
Herzlichen
Dank für das Interview.
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