Es freut
mich heute noch einmal Barbara Drucker zu einem kleinen Interview begrüßen zu
dürfen. Unser heutiges Thema ist der Kulissenbau
Liebe
Barbara, manche Leser fragen sich jetzt sicher, was hat Kulissenbau mit einem
Buch zu tun?
Die Kulisse entscheidet darüber, wie die
Handlung ablaufen kann. Natürlich kann man auch ein Kammerspiel schreiben, also
die Leute in einen Salon oder ein anderes Zimmer sperren und geniale Dialoge
führen lassen. Auch solche Szenen schreibe ich, weil ich Dialoge wirklich
liebe. Aber wenn ein Roman handlungsorientiert ist, bringen die Schauplätze
zusätzliche Abwechslung hinein und eröffnen ganz individuelle Möglichkeiten.
Nach
welchen Kriterien wählst du deine Schauplätze aus?
Ich denke da sehr wie im Film, ich will
starke, eindrucksvolle Bilder. Wenn der Marchese mit Marconi aus Straßburg
flieht, wäre es schade, die steilen Dächer nicht zu nutzen. Ich hole mir das
Charakteristische aus einem Schauplatz heraus, etwa eine einzelne Weide oder
die Gischt und den Lärm an einem Wasserfall. Eine klappernde Mühle, die glatten
Wände in einem Kerker oder die Sitzmöbel in einem Salon. Je mehr Sinne ein Schauplatz bedient,
desto besser. Bei mir spielt der Schauplatz aber nie die Hauptrolle, sondern ich
lenke die Aufmerksamkeit auf die Elemente, die für die Handlung spannend werden
oder Atmosphäre schaffen, und behandle die Kulisse wie eine große Requisite. Ich
liebe übrigens den Einsatz von Licht, in meinen Romanen kommen meistens Fackeln
und Kerzen vor.
Kannst
du mir einige Schauplätze für Actionszenen in "Der Schwur der
Schlange" nennen?
Die hohen Dächer habe ich ja schon
angesprochen. Eine Szene spielt auf einer Festung und den Wehranlagen, ein
Fluss spielt eine wichtige Rolle. Geheimgänge und Hintertreppen habe ich sehr
gerne. Ich mag auch den harten Bruch zwischen Idylle und Gewalt oder Bedrohung.
Wenn ich einen sogenannten locus amoenus, einen lieblichen Ort schreibe, wird
es meistens gefährlich ;-)
Es
sind ja ein paar außergewöhnliche Kampf- und Fluchtszenen in deinem Buch
enthalten. Wie schaffst du es, diese Szenen so echt an den Leser zu bringen,
dass es fast echt wirkt?
Ich gehe ganz, ganz dicht an die Figur
heran und schreibe die Szene aus ihr heraus. Wenn der Marchese einen Kampf
besteht oder verfolgt wird, dann stecke ich in ihm, sehe durch seine Augen und
höre mit seinen Ohren. Die Sprache muss ganz knapp werden, weil er nicht viel
Zeit zum Denken hat, sondern nur handeln kann. Wenn du als Autor auf eine
Kampf- oder Verfolgungsszene von außen drauf schaust, hast du schon verloren.
Und es steckt natürlich auch sehr viel Bearbeitung in solchen Passagen, da
feile ich an jedem Wort und ganz besonders am Rhythmus. Das sind Stellen, die
ich zehn- bis zwanzigmal unter die Lupe nehme.
Hast
du wirklich alle Szenen selbst durchgeprobt und nachgestellt?
Das würde
ich schon körperlich nicht schaffen. XD In Wahrheit sitze ich die ganze Zeit
dabei am Schreibtisch und versetze mich an den Schauplatz und in die Figur.
Aber Grundwissen ist unerlässlich. So lernte ich Florettfechten bis zur
Turnierreifeprüfung und anschließend historisches Fechten mit dem Rapier. Auch
einen Hofdegen, die bevorzugte Waffe des Marchese, hatte ich schon in der Hand
und lernte einige Manöver. Messerkämpfe in Tanzfilmen, asiatische Kampfkunst
und Bühnenkämpfe inspirieren mich für Bewegungsabläufe, in Filmen sauge ich
gute Bilder auf. Meine Actionszenen sind stark choreografiert, wie im Film
kommt es mir auf den Effekt an.
Wie
gehst du jetzt ganz genau vor, wenn z.B. della Motta in einer Sackgasse in die
Enge getrieben würde und er sich einen Fluchtweg durch 10-15 Soldaten kämpfen
müsste?
Das ist schwer, weil er gegen so eine
Übermacht chancenlos wäre. Ich kläre daher zunächst die Fragen nach dem
Schauplatz und der Bewaffnung, denn er braucht einen Vorteil, der die
zahlenmäßige Überlegenheit ausgleicht. Ich muss die Gegner irgendwie aufteilen,
das könnte durch eine Stiege geschehen, sodass nicht alle gleichzeitig gegen
ihn kämpfen können, oder durch räumliche Engstellen. Er kann besiegte Gegner
auf andere werfen und dadurch mehrere blockieren. Oder ich gebe ihm Deckung,
etwa indem er sich an der Seite des Pferdes herabhängen lässt. Oder er nimmt
eine Geisel. Das Überraschungsmoment könnte ihn ebenfalls unterstützen. Aber
wenn es unplausibel wird, lasse ich ihn den Kampf verlieren. In der Szene, wie
du sie vorgibst, wird er höchstwahrscheinlich überwältigt und gefesselt
abgeführt. Okay, ich könnte ihn noch an der Fassade hochklettern und übers Dach
türmen lassen ;-)
Herzlichen
Dank für das Interview.
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