Samstag, 31. Oktober 2020

[Schnipseltime] Einfach zauberhaft von Lucy Moregan

 


Die Mutter meiner Heldin Lily, Monica James, geht im Folgenden im örtlichen (Spuk)schloss auf Tuchfühlung mit den unheimlichen Phänomenen:

"[...] Als sie auf den Flur hinaustrat und absperrte, hörte sie ein Geräusch aus der Richtung des Südtraktes.

Nanu? Waren denn um diese Zeit noch Handwerker zu Gange? Eher nicht, wie sie die Truppe kannte. Die saßen schon seit Stunden bei ihrem Bierchen. Da! Da war es wieder. Ein schleifendes Geräusch und Schritte. Gebannt lauschte sie in die Stille. Vielleicht hatte sich ein Hotelgast verlaufen? Oder war sogar absichtlich aus Neugierde eingedrungen? Sie musste wohl oder übel nachsehen. Leb wohl Sandwich, dachte sie bedauernd.

Sie folgte dem Gang bis zu seinem Ende. Dort war eine provisorische Wand aus Sperrholzplatten und Folie. Ein Schild warnte »Vorsicht! Betreten der Baustelle auf eigene Gefahr.« Wieder lauschte sie. Da war es erneut. Diesmal ein wenig deutlicher als vorhin. Jemand war da drin. Monica schob vorsichtig die Trennwand zur Seite und quetschte sich durch den Spalt in den verwaisten Flur des Südtraktes. Ihr Hosenanzug war nun bedeckt mit feinem, grauen Staub, doch sie achtete nicht darauf. Der Flur war vollkommen finster. Es fiel ihr siedend heiß ein, dass hier ja der Strom abgestellt war, solange man an den Leitungen arbeitete. Der Bewegungsmelder im Flur funktionierte also nicht. Sie konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Nur durch den schmalen Spalt hinter ihr, durch den sie gekommen war, fiel ein wenig Licht herein. Plötzlich hörte sie ein schlurfendes Geräusch direkt neben sich. Es war jemand da, direkt links von ihr. Sie konnte es fühlen. Ein Prickeln lief über ihre Haut. Verzweifelt versuchte sie etwas zu erkennen. [...] Wieder ertönte das schlurfende Geräusch. Es kam näher. Monica fiel ein, dass sie eine Minitaschenlampe an ihrem Autoschlüssel hatte. Hektisch befühlte sie beide Hosen- und Jackentaschen. In der rechten Blazertasche fand sie ihn und zog ihn heraus. Das Klacken der Taschenlampe gegen den Schlüssel übertönte kurz die Schlurfgeräusche und schien hier unnatürlich laut. Monica bekam langsam Panik. Was, wenn hier jemand war, der ihr Gewalt antun würde? Ein Einbrecher auf der Suche nach Diebesgut? Wer sonst könnte sich hier herumtreiben und sich nicht zeigen wollen? Perlen kalten Schweißes bildeten sich auf ihrer Stirn. Mit zitternden Händen drehte sie an der kleinen Taschenlampe. Das Schlurfen war nun ganz nah. Wer auch immer hier war, musste nun direkt vor ihr stehen. Das Licht ging an und sie kniff die Augen leicht zusammen, um sich auf den Anblick vorzubereiten, der sie erwarten würde. Doch da war niemand. Sie riss die Augen nun weit auf. Nichts. Niemand links, niemand rechts, niemand vor ihr. Sie leuchtete mit ihrem dünnen Strahl den Gang entlang. Auch hier nichts.

Mit zittriger Stimme fragte sie erneut in die Dunkelheit. »Hallo?«

Plötzlich glaubte sie, einen schwarzen Schatten in das zu renovierende Zimmer huschen zu sehen. Sie schluckte schwer. Sollte sie ihm folgen? Oder sollte sie doch lieber die Polizei rufen? Hin- und hergerissen zwischen ihrem Fluchtinstinkt und ihrer Neugier, verharrte sie kurz. Sie hörte wieder ein Rascheln, wie vorhin im Zimmer. Raschelnder, schwerer Stoff. Ihr Atem ging nun schnell und ihr Herz pochte in ihrem Hals. Ihre Hände wurden feucht und die kleine Taschenlampe entglitt ihr. Mit einem leisen Fluch bückte sie sich und hob sie auf.

»Monica!« Eine tiefe, leise Stimme rief ihren Namen. Ein kalter Schauer lief über ihren Rücken. Es kam aus dem Zimmer. »Monica!«"

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