Freitag, 21. Juni 2019

[Autoreninterview] Erin J. Steen

AUTORENINTERVIEW
Erin J. Steen


Natürlich möchte ich als erstes wissen, mit wem meine Leser und ich es zu tun haben. Könntest du dich in eigenen Worten kurz vorstellen?

Hi, ich bin Erin. Auf meinem Tacho stehen bereits 35 Jahre Laufleistung. Ich bin Mama einer kleinen Tochter, habe zwei wundervolle Hunde und mein Lebensgefährte ist Gärtner. Neben dem Schreiben bin ich als Angestellte in einer verantwortungsvollen Tätigkeit unterwegs, weshalb ich regelmäßig weniger Zeit zum Schreiben finde, als ich mir vornehme.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Vor einigen Jahren habe ich nach einem zweiten Standbein gesucht - nicht um mehr Geld zu verdienen, sondern um auch etwas Anderes zu machen. Eigentlich wollte ich dann eine Yogalehrerausbildung machen, weil ich voller Enthusiasmus von einem Retreat zurückkam. Aber die Ausbildung allein war auch nicht das Wahre. Ich interessiere mich für so viele Dinge, dass ich mich nicht auf diese eine Sache festlegen wollte. Und dann fand ich zum Schreiben zurück - früher habe ich allerdings im Wesentlichen journalistisch gearbeitet und musste mich daher erstmal in die Welt der Fiktion einfinden - lernen, wie viel Freiheit ich habe und wie weit ich von der Realität abrücken konnte. Das gefiel mir und ich liebe es, dass ich jeden Tag durch das Schreiben etwas Neues kennenlernen und mich mit neuen Figuren und Co. beschäftigen darf.
Welche Bücher sind bis jetzt von Dir erschienen? Könntest du sie uns bzw. die Reihen in max. 5 Sätzen beschreiben?
Meine Reihe Moorkamps Fälle sind gemütliche Krimis (Cosy Crime), in denen eine Yogalehrerin in Kriminalfällen ermittelt, in die sie hineingezogen wird. Die Reihe lebt davon, dass sich in der Hauptfigur fast jede Leserin ein Stück weit wiederfindet. Dort wirst du also zur Ermittlerin und schlägst dich mit Emi durch den Fall. Nicht immer professionell, aber immer nah an den Menschen.

Mein Debüt ist der psychologische Kurzthriller Martins Hütte, in dem ich viele Dinge einmal ausprobiert habe. Der namenlose Protagonist überlebt einen Anschlag und verarbeitet in dem Buch die Ereignisse auf seine Weise.
Gerade frisch erschienen ist meine erste Liebeskomödie Lost in Ridge Valley - (UN)GEPLANT VERLIEBT. Meine Hauptfigur - die Engländerin Tara - verschlägt es ganz allein ins australische Outback, wo sie einen neuen Job annimmt. Sie soll Versicherungen verkaufen und steht dabei vor einigen Schwierigkeiten in der abgelegenen Kleinstadt. Sie lernt den Finanzberater Rob kennen, der ihr spontan gefällt, doch kurz darauf verkompliziert sich ihr Leben erneut, als sie durch einen unangenehmen Zwischenfall Jack trifft.
Arbeitest du gerade an einem neuen Werk?
Ich kann mich im Augenblick nicht ganz entscheiden, mit welchem meiner Projekte es weitergeht, aber ja, ich arbeite definitiv an neuen Werken. Zunächst stecke ich meine Energie aber in die Veröffentlichung des aktuellen Buchs.
Wenn du Freizeit zur Verfügung hast, was machst du am liebsten?
Ich verstehe die Frage nicht. Was ist Freizeit? Meinst du die Zeit, die ich im Garten Unkraut zupfe, Bauprojekte umsetze, mit meiner Tochter spiele oder die Zeit, in der ich mit den Hunden unterwegs bin? Dazwischen gibt es selten mal Luft, die nicht mit Schreiben oder anderen Tätigkeiten gefüllt ist, die zum Selfpublishing gehören. Also ist die Antwort auf die Frage vermutlich - ich bin draußen ;-)
Hast du auch Lieblingsbücher und einen Lieblingsautoren, mit denen du gerne einmal die eine oder andere Lesestunde verbringst?
Ich habe einige Lieblingsautoren, bei denen ich blind kaufe, was sie schreiben - nicht alles überzeugt mich 100%ig, aber bei jedem von ihnen spricht mich etwas ganz konkret an. Bei T.C. Boyle liebe ich es, dass er sich für jedes Buch mit einer neuen Thematik auseinandersetzt und seine Figuren mit positiven wie negativen Eigenschaften ausstattet, die es schwer machen, sie einfach zu lieben. Sie sind so furchtbar lebensecht.

Bei John Irving liebe ich es, wie er Mikrogeschichten in seine Romane hineinschreibt. Ich lese 10 Seiten und habe das Gefühl, einen ganzen Roman erlebt zu haben, weil so viel in seinen Texten steckt.
Dann gibt es da noch Haruki Murakami, dessen Bücher ich immer wieder lesen kann, weil ich nie benennen kann, worum es in den Romanen eigentlich ging. Zurück bleibt immer nur dieses Murakami-Gefühl. Ich habe Kafka am Strand von ihm sicher schon 3 oder 4 Mal gelesen, aber, wenn ich den Inhalt beschreiben sollte, fiele mir das schwer. Ich bin eigentlich niemand, der wiederholt zum gleichen Buch greift, aber bei ihm mache ich das sogar gerne.
Ich denke die drei reichen fürs Erste, sonst sitzen wir noch Stunden hier.
Übrigens habe ich von jedem meiner Lieblingsautoren mindestens 4 ungelesene Bücher im Schrank - ich will nämlich vermeiden, dass ich eines Tages kein neues Buch mehr von ihnen entdecken kann.
Kannst du uns deinen Schreib- und Arbeitsplatz beschreiben oder zeigen, wo du am liebsten schreibst und deine Ideen verwirklichst?
Meistens schreibe ich am Esstisch im Erdgeschoss mit Blick auf den Garten. Meistens ist es dabei sehr früh am Tag - so wie jetzt, weil ich zwischen 5 und 8 einfach am produktivsten bin. Mich belastet in der Zeit noch nichts und ich kann meinen Gedanken freien Lauf lassen. Mein Schreibtisch ist grundsätzlich ein heilloses Chaos, dort zu schreiben ist fast unmöglich.
Wie können wir uns einen ganz normalen Tag bei dir vorstellen?
Ein normaler Tag beginnt gegen 5 oder halb 6 mit einer Tasse Kaffee mit viel laktosefreier Milch und vielleicht ein bisschen Zucker. Damit setze ich mich an den Esstisch, klappe den Laptop auf und mache irgendwas buchiges - Schreiben, Überarbeiten, Buchsatz, Interviews, Marketing, Planung etc. Dabei wird meist der Kaffee kalt. Dann hole ich mir einen neuen ;-)

Wenn meine Tochter wach wird (meist zwischen 7 und 8) erhebe ich mich unwillig vom Arbeitsplatz und mache uns fertig für den Tag. Dann geht es für sie zur Tagesmutter und für mich anschließend ins Büro. Nach 7-8 Stunden Arbeit braucht mein Gehirn meist eine Pause, weshalb ich nachmittags und abends kaum schreiben kann. In der hellen Jahreszeit geht es nach der Arbeit meist in den Garten, wo immer etwas zu tun ist und ich den Kopf wieder frei bekomme. Abends wird dann in Ruhe gebadet - fast täglich. Ruhe bedeutet, ich nehme entweder nochmal den Laptop mit oder ich lese ein bisschen. Meistens ist es der Laptop. Irgendwann gibt es dann Ärger, weil ich schon wieder seit Stunden in der Wanne sitze und die Familie hungrig wird. Dann wird gegessen, noch ein bisschen genetflixt und dann geht es schon wieder ins Bett. Das war mein normaler Tag.
Was ist dein Lieblingsgenre beim Lesen, welches beim Schreiben?
Ich bin beim Genre gar nicht festgelegt. Weder beim Schreiben noch beim Lesen. Es gibt ein paar Dinge, die ich nicht (mehr) lese/schreibe. Dazu gehören Thriller, Horror und platte Erotikgeschichten (es gibt auch gute). Außerdem mag ich einige Themen und Motive nicht. Ich bin also eine wählerische Leserin, aber das Genre ist eher keins meiner Auswahlkriterien.
Hast du ein Lieblingszitat, nach welchem du in deinem Leben handelst? Und hast du ein Zitat aus einem deiner Bücher, welches deine Arbeit am besten beschreibt?
„Einfach mal machen, könnte ja gut werden.“ - danach versuche ich meist meine Entscheidungen auszurichten. Nicht zu viel zerdenken, sondern einfach mal machen und schauen, was dabei herauskommt.

Aus meinen eigenen Büchern beschreibt eigentlich kein Zitat meine Arbeit oder mein Leben.
Hast du ein Lieblingsland und warum?
Wenn ich mich für eins entscheiden müsste, wäre es vermutlich Kanada, aber Deutschland finde ich auch ganz nett. Sicher hat alles seine Schattenseiten, aber im Grunde haben wir es hier ziemlich gut. Manchmal vergesse ich, mein Auto abzuschließen und am nächsten Morgen ist es immer noch da…
Bist du ein kritikfähiger Mensch oder wie gehst du mit Kritik im Allgemeinen um?
Puh, schwierige Frage. Kritik ist so eine Sache. Ich komme damit klar, aber ich brauche meine Zeit, die Inhalte für mich zu ordnen. Sicher bin ich darin in den vergangenen Jahren besser geworden, aber ich mag es immer noch nicht besonders. Trotzdem bin ich an mancher Kritik schon sehr gewachsen, weil ich daraus gelernt habe, wo ich mich verbessern kann. Aber ganz ehrlich - ich mag es nicht und werde es wohl auch nie mögen. Es gehört eben zur Weiterentwicklung dazu und wenn man das eine will, muss man das andere eben ertragen lernen.
Warum hast du dich entschieden Selfpublisher zu werden und nicht zu einem Verlag zu gehen?
Ich bin wie erwähnt eher der Macher. Ich informiere mich über neue Themengebiete häufig sehr ausführlich und mich mit meinen Büchern bei einem Verlag zu bewerben erschien mir unnatürlich, wenn ich doch die Möglichkeit habe, alles selbst zu machen. Ich habe das Selfpublishing ausprobiert und lerne dabei täglich etwas Neues. Das finde ich grundsätzlich ganz wunderbar. Das heißt nicht, dass ich ausschließe, auch mal etwas mit einem Verlag zu machen - ganz und gar nicht, denn auch da kann man sicher viel lernen. Aber ich bin vorsichtig, was das Vertrauen in Andere angeht. Wenn ich etwas selbst machen kann, gebe ich es nur ungern aus der Hand. (Bei Dienstleistungen von Experten ist das natürlich etwas Anderes. Die hole ich mir natürlich an Bord, aber ich habe das letzte Wort.)
Gibt es etwas, was du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben möchtest?
Darüber habe ich lange nachgedacht, aber etwas Allgemeingültiges zu finden, war gar nicht so einfach. Wenn es eine Sache gibt, die ich deinen Lesern mitgeben sollte, wäre das aber wohl „Lebe deine Träume“ - weil wir uns alle viel zu häufig davon abhalten lassen. Träume erscheinen verrückt, wenn man nur darüber nachdenkt, aber, wenn man sie anpackt, werden sie real. Manchmal kostet es viel Kraft und manchmal scheitert man unterwegs, aber es lohnt sich dennoch, den Weg zu gehen, um zu sehen, wohin er führt.

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